Zur Sammlung



Die Graphische Sammlung der Museumslandschaft Hessen Kassel besitzt einen qualitätvollen Bestand von mehr als 4.000 Architekturzeichnungen, der vor allem die großen Bauvorhaben des 18. und 19. Jahrhunderts in Kassel und in der Umgebung dokumentiert.

Anläßlich der Gründung des Kupferstichkabinetts im Jahr 1931 führte man Architekturzeichnungen und Architektennachlässe aus den unterschiedlichsten Quellen wie dem Hessischen Landesmuseum, dem Preußischen Hochbauamt, aus der städtischen Bauverwaltung und dem städtischen Kunstbesitz zusammen. Ein umfangreiches Konvolut übergab weiter der Verein für hessische Geschichte und Landeskunde als Leihgabe. Während die kostbaren Klebebände mit alter Druckgraphik aus der landgräflichen Sammlung, die als Teil der Bibliothek Wilhelms IX. von Hessen-Kassel im Schloß Wilhelmshöhe verwahrt worden waren, dem neugegründeten Kupferstichkabinett übergeben wurden, hatte die Schlösserverwaltung die Sammelbände mit ca. 1.800 Architekturzeichnungen in den 30er Jahren aus der Schloßbibliothek zur Inventarisierung nach Berlin geschickt. Von dort gelangte dieser herausragende Bestand, der ein faszinierendes Zeugnis für die Bautätigkeit der hessischen Landgrafen im 18. und 19. Jahrhundert ablegt, nach dem Zweiten Weltkrieg in die Plankammer der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg in Potsdam. Bestände an Architekturzeichnungen aus der ehemaligen landgräflichen Sammlung, wie die beiden Sammelbände "Plans von Fürstlichen Gärten in Hessen" und der sog. Codex A Fol. 37 mit niederländischen Architekturzeichnungen, die im Rahmen dieser Publikation erstmals geschlossen vorgestellt werden, kamen deshalb nur über 'Umwege', nämlich über die Akademie der bildenden Künste in die Graphische Sammlung. Als Anschauungsmaterial waren diese beiden Bände bereits im 19. Jahrhundert aus der landgräflichen Bibliothek der Akademie übergeben worden und gelangten von dort aus gemeinsam mit anderen Originalzeichnungen, die im Rahmen des Unterrichts an der Akademie benutzt wurden, 1931 als Grundstock in das Kupferstichkabinett.

1957 gelang Hans Vogel mit dem Ankauf des Nachlasses von Heinrich Christoph Jussow die bislang bedeutendste Erweiterung des Bestands an Architekturzeichnungen. Als Leihgabe des Landesdenkmalamts, Außenstelle Marburg, kamen in den 80er und 90er Jahren über 900 qualitätvolle Bauzeichnungen in die Graphische Sammlung. Infolge der Zusammenlegung der Staatlichen Museen Kassel mit der Außenstelle der Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen zur Museumslandschaft Hessen Kassel 2006 wurden der Graphischen Sammlung über 200 thematisch zu Kassel gehörige Architekturzeichnungen aus der Plankammer in Bad Homburg übergegeben.

Neben dem Hessischen Staatsarchiv in Marburg und der Plankammer in Potsdam gehört die Graphische Sammlung der Museumslandschaft Hessen Kassel heute zu den bedeutendsten Sammlungen an Bauzeichnungen zur nordhessischen Architekturgeschichte. Die meisten Blätter der Kasseler Sammlung stammen von Baumeistern, die im Dienst der hessischen Fürsten standen. Dazu zählen neben Architekten wie Heinrich Christoph Jussow, Johann Conrad Bromeis oder Julius Eugen Ruhl auch die Mitglieder der Künstlerfamilien Du Ry und Wolff. Darüber hinaus ist die Kasseler Architektur der zweiten Hälfte des 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts durch die Neogotiker Hugo Schneider und Carl Schäfer sowie durch das Werkbund-Mitglied Theodor Fischer prominent vertreten. Wichtige Einzelblätter etwa von Giovanni Francesco Guerniero, Leo von Klenze oder Grandjean de Montigny runden den Bestand ab.

Diese vielfältige und für die Erforschung der hessischen Baugeschichte aufschlußreiche Sammlung war nur in Ansätzen publiziert, obwohl die Zeichnungen nicht nur wichtige Erkenntnisse zum Werk der einzelnen Architekten liefern, sondern darüber hinaus die großen fürstlichen Bauvorhaben in Kassel, Wilhelmshöhe oder Wilhelmsthal sowie bedeutende staatliche und private Bauten dokumentieren. Ein Teil des Bestands ermöglicht wichtige Einblicke in die zeitgenössische Ausbildung der Architekten am Collegium Carolinum und an der 1781 gegründeten Kasseler Bauakademie.


Zum Projekt



Von November 2000 bis August 2007 war bei den Staatlichen Museen Kassel bzw. bei der Museumslandschaft Hessen Kassel ein von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziertes Projekt angesiedelt mit dem Ziel, den umfangreichen Bestand an Architekturzeichnungen wissenschaftlich zu bearbeiten und sukzessive der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Als erster Teilbereich konnten im September 2004 die Zeichnungen des Zeitraums von 1617 bis 1830, insgesamt 1.086 Blätter, im Rahmen eines Online-Katalogs vorgestellt werden. In einer zweiten Teilpublikation folgten im Mai 2005 die Zeichnungen bis 1850. Zusammen mit den über 750 Blättern aus dem Nachlaß des Architekten Heinrich Christoph Jussow, die 1999 im Rahmen einer CD-ROM (Katalog Kassel 1999/CD-ROM) erstmals publiziert und 2004 für den Online-Katalog aufbereitet wurden, standen damit weitere 1.125 mit Abbildungen und wissenschaftlichem Kommentar versehene Blätter für den Benutzer zur Verfügung. Bis zum Abschluß des Projekts im August 2007 wurde der Bestand der zweiten Hälfte des 19. und des 20. Jahrhunderts bearbeitet, dadurch wird der Katalog nochmals um 2.267 Blätter erweitert.

Die Leitung des Projekts lag in den Händen von Christiane Lukatis, der Leiterin der Graphischen Sammlung der Museumslandschaft Hessen Kassel. Maren Christine Härtel war für die Projektorganisation verantwortlich. Gemeinsam mit Gerd Fenner und Ulrike Hanschke bearbeitete sie den wissenschaftlichen Katalog. Für ihr großes Engagement, mit dem die drei Kollegen dieses Projekt vorangetrieben und zum Abschluß gebracht haben, sei ihnen herzlich gedankt. Weiterhin danken wir Thorsten Albrecht, Rolf Bidlingmaier, Lydia Konnegen, Frank Pohle, Silke Renner und Thomas Wiegand für ihre Beiträge zum Katalog sowie den Autoren der Jussow-CD-ROM Horst Becker, Jens-Uwe Brinkmann, Hans-Peter Glimme, Wanda Löwe, F. Carlo Schmid, Holger Schulz, Lorenz Seelig und Sabine Thümmler für die Genehmigung zur Wiederverwendung ihrer Texte.


Zur Publikation



Mit mehreren 1.000 Manuskriptseiten und über 4.500 Farbabbildungen sprengt der Bestandskatalog den Rahmen dessen, was als traditionelle Buchpublikation realisierbar ist. Deshalb stand von Anfang an fest, daß für die Publikation neue Wege eingeschlagen werden mußten. Dabei erschien es sinnvoll, die Möglichkeiten zu nutzen, welche die neuen Medien bei der Erschließung umfangreicher Sammlungsbestände bieten. Anknüpfend an den 1999 auf CD-ROM erschienenen Bestandskatalog der Zeichnungen von Heinrich Christoph Jussow war zunächst an die Publikation als CD-ROM gedacht worden, bis die Idee Gestalt annahm, den Katalog als thematisch abgeschlossene Online-Datenbank auf der Website der Museumslandschaft Hessen Kassel der Öffentlichkeit verfügbar zu machen. Mit diesem Schritt betraten die Staatlichen Museen Kassel 2002 Neuland für die Publikation von Bestandskatalogen. Die Erfahrungen aus diesem Projekt ermunterten zu einem konsequenten Ausbau dieser Veröffentlichungsform für wissenschaftliche Bestandskataloge in der Reihe "Online-Kataloge der Museumslandschaft Hessen Kassel".

In der Aufmachung führt der Katalog "Architekturzeichnungen des 17.-20. Jahrhunderts in der Graphischen Sammlung" als erster Online-Katalog der Museumslandschaft Hessen Kassel den mit der Jussow-CD-ROM beschrittenen Weg weiter. Wie in den Kapiteln eines Buches wurden zum einen Konvolute von Blättern zu einer verbindlichen Abfolge zusammengestellt, um dem interessierten Laien den Zugang zu erleichtern. Zum anderen ist der Bestand über eine gezielte, differenzierte Suche nach Kriterien wie Künstler, Objekt, Funktion des Gebäudes, Datierung oder Inventarnummer erschlossen, was nicht nur dem Fachpublikum eine schnelle Orientierung ermöglicht.


Technischer Hintergrund



Die Informationen zu den einzelnen Blättern sind in MuseumPlus hinterlegt, dem elektronischen Programm zur Organisation und Bearbeitung des Inventars bei der Museumslandschaft Hessen Kassel, und werden bei der Recherche vor Ort bereitgestellt. Die Daten für die Webpräsentation werden jeweils nach Aktualisierung aus dem Gesamtdatenbestand des zentralen MS-SQL-Servers herausgefiltert und in eine MySQL-Datenbank exportiert. Die in der Präsentation verwendeten Abbildungen wurden mit zwei Sinar-Digital-Fachkameras angefertigt. Von den über 4.000 Zeichnungen wurden 3.500 Zeichnungen in einer Auflösung von 2.048 x 2.048 Pixel, die übrigen mit einer Auflösung von max. 5.400 x 4.000 Pixel fotografiert. Die zunächst als Vorschaubilder angezeigten Abbildungen können jeweils auch in hochauflösender Form aufgerufen werden. Die einzelne Zeichnung ist mit ihren zeichnerischen Details somit via Bildschirm vermittelbar.


Dank



Für wissenschaftliche Unterstützung und wichtige Hinweise danken wir:

Christian Benedik, Albertina, Wien
Rolf Bidlingmaier, Metzingen
Gerhard Bott, Fratta Todina/Perugia
Friedl Brunckhorst, Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen, Bad Homburg v. d. H.
Jutta Dresch, Badisches Landesmuseum Karlsruhe
Henriette Graf, München
Dagmar Grassinger, Marburg
Annie Jaques, École Nationale Superieure des Beaux-Arts, Paris
Elisabeth Kieven, Biblioteca Hertziana, Rom
Frank-Roland Klaube, Stadtarchiv Kassel
Valentin Kockel, Universität Augsburg
Sabine Köttelwesch, Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel
Edgar Kutzner, Bistumsarchiv Fulda
Wolfgang Lampe, Landesbergamt Clausthal
Bernhard Lauer, Brüder Grimm-Museum, Kassel
Alexander Link, Stadtmuseum Kassel
Uta Löwenstein, Hessisches Staatsarchiv Marburg
Helmut Maintz, Dombauleitung Aachen
Anton Merk, Historisches Museum Hanau, Schloß Philippsruhe, Hanau
Maria de Jesus Monge, Museu-Biblioteca da Casa de Bragança, Vila Viçosa
Rolf-Dietrich Müller, Stadtarchiv Paderborn
Daniel Parello, Freiburg i. Br.
Adelheid Schendel, Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Plankammer, Potsdam
Hermann Schlimme, Biblioteca Hertziana, Rom
Jörg Schmalfuß, Deutsches Technikmuseum Berlin
Monika Schmelzer, Köln
Andreas Scholl, Staatliche Museen zu Berlin
Reinhart Strecke, Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, Berlin
Katharina Thiersch, Landesamt für Denkmalpflege Hessen, Außenstelle Marburg
Bernd Wedemeyer, Braunschweig
Karl-Hermann Wegner, Stadtmuseum Kassel
Konrad Wiedemann, Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel, Handschriftenabteilung
Evelyn Zimmermann, Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Plankammer, Potsdam

den Kolleginnen und Kollegen der Museumslandschaft Hessen Kassel, insbesondere unseren Photographen Gabriele Bößert, Ute Brunzel und Arno Hensmanns sowie unserem Papierrestaurator Guntram Porps und allen Mitarbeiter/innen in den zahlreichen Bibliotheken und Archiven.

Unser besonderer Dank geht an Britta Beier für ihre unermüdliche Unterstützung im Rahmen ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit für das Projekt der Architekturzeichnungen.

Michael Eissenhauer
Christiane Lukatis
Kassel, November 2007


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