2.3.17.11 - Kassel-Wilhelmshöhe, Schloß, Corps de Logis, Entwurf zur Längswand des großen Salons der Beletage (Raum 56), Aufriß



2.3.17.11 - Kassel-Wilhelmshöhe, Schloß, Corps de Logis, Entwurf zur Längswand des großen Salons der Beletage (Raum 56), Aufriß


Inventar Nr.: GS 5772
Bezeichnung: Kassel-Wilhelmshöhe, Schloß, Corps de Logis, Entwurf zur Längswand des großen Salons der Beletage (Raum 56), Aufriß
Künstler: Heinrich Christoph Jussow (1754 - 1825), Architekt/-in
Datierung: 1798/99
Geogr. Bezug: Kassel-Wilhelmshöhe
Technik: Graphit, Feder in Grauschwarz
Träger: Papier
Wasserzeichen: keine Angabe
Maße: 43,2 x 62,9 cm (Blattmaß)
Maßstab: -
Beschriftungen:


Katalogtext:
Der über zwei Geschosse reichende große Salon ist durch architektonische Gliederungen in zwei Zonen als "Salon à l'italienne" gestaltet und wird dadurch als wichtigster Repräsentationssaal des Schlosses hervorgehoben. In der Hauptzone umzieht den Raum eine Reihe von gekoppelten korinthischen Pilastern, die untereinander durch je ein schmales Wandfeld mit Ornamentgrotesken getrennt sind. Die Pilasterpaare ihrerseits rahmen breite Wandfelder, die durch die große Mitteltür, durch ein großes barockes Gemälde oder eine Ofennische mit Figuren auf dem Ofenpostament eingenommen werden. Die Pilaster fehlen in den Ecken. Daß diesem Entwurf die Ausführung entsprochen hat, beweisen historische Aufnahmen des sog. späteren "Hortensiensaales" (vgl. Holtmeyer 1913, Abb. 21, 22; dieser Raum wurde in der Zeit des Königreichs Westphalen als Hortensiensaal benannt; die Umgestaltung dieser Zeit hat aber z. B. die Pilaster kaum verändert). Über dem Gebälk der korinthischen Ordnung ist die Wand als Attikazone gestaltet, die durch Figurenfriese und Karyatiden in den Achsen der Säulen gegliedert ist (Manuskript Schuchard/Dittscheid). Darüber ist die rautenförmig kassettierte Decke zu sehen.
Jean François de Neufforge hat eine sehr ähnliche Raumgestaltung entworfen, die eine zweizonige Wand mit gekuppelten korinthischen Pilastern und ein Spiegelgewölbe aufwies (Ward 1976, S. 433, Abb. 416). Dieser Entwurf kann Jussow über die Publikation "Recueil élémentaire d'architecture" gekannt haben, die Neufforge in zehn Bänden 1757-1768 und 1772-1780 angefertigt hat (Dictionary of Art, Bd. 22, Sp. 924-925: "[...] the Recueil was extensively used as a source-book throughout the late 18th century").
Die Entwürfe von Chambers für den Great Drawing Room in Gower House in Whitehall (vor 1775; Snodin 1996, S. 142f.) hatten eine ähnliche Wandgestaltung mit den Türformen sowie der Abfolge Tür, Wandfläche, Kamin und der Einfassung der Wandfelder mit Arabesken. Am nächsten steht dem Entwurf Jussows die Gestaltung des "Saloon" im Buckingham House in London (Harris 1970, Abb. 117), von Chambers ab 1762 ausgeführt. Hier finden sich ebenfalls zweizonige Wandfelder zwischen gekuppelten Rahmungen, die eine schmale Ornamentierung flankieren. Über dem Gesims setzt in Buckingham House das z. T. kassettierte Spiegelgewölbe an, das zu einer Seite durch Oberlichter unterbrochen wird. Wenn auch die Wandgestaltung in Kassel keine exakte Wiederholung des englischen Hauses ist, so wird die Vorbildlichkeit von Chambers für Jussow deutlich. Der große Salon im Corps de Logis ist der einzige Raum, für dessen Wand- und Deckengestaltung Entwürfe Jussows vorliegen. Der Deckenentwurf GS 5780 weicht übrigens von der Decke in Buckingham House dadurch ab, daß der Spiegel keine Rosetten aufweist, sondern ausschließlich rechteckige Felder bekommen hat.

Text übernommen aus Katalog Kassel 1999/CD-Rom [HPG]


Literatur:
  • Lange, Justus: From Rotterdam to Kassel. The Fate of Adriaen van der Werff's 'Garden Room'. In: Meijer, Fred G. u.a. [hrsg.]: Art Stories from the Netherlands and Italy, 1550-1800. Liber amicorum in Honour of Gregor J.M. Weber (2023), S. 229-238, S. 224.


Letzte Aktualisierung: 09.04.2015



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