8.21.2.1 - Turin, Bauaufnahme der Kirche Madonna di Superga, Grundriß



8.21.2.1 - Turin, Bauaufnahme der Kirche Madonna di Superga, Grundriß


Inventar Nr.: L GS 10745
Bezeichnung: Turin, Bauaufnahme der Kirche Madonna di Superga, Grundriß
Künstler: Simon Louis Du Ry (1726 - 1799), Zeichner/-in
Datierung: um 1756
Geogr. Bezug: Turin
Technik: Graphit, Feder in Schwarz, hell- und dunkelgrau laviert
Träger: Papier
Wasserzeichen: -
Maße: 65,6 x 49,1 cm (Blattmaß)
Maßstab: bezifferter Maßstab mit Maßeinheit "pieds d'angleterre"
Beschriftungen: oben mittig: "La Madonna di Supergha in (nachträglich mit Graphit gestrichen und darüber mit Graphit ersetzt durch: "Vicino" (?)) Torino" (Feder in Schwarz)
unten rechts: "Handschrift S. L. du Rys!" (Graphit)


Katalogtext:
Auf der Rückreise von Rom nach Kassel hielt sich Simon Louis Du Ry im April 1756 einige Tage in Turin auf (vgl. die Briefe vom 21.4. und 11.5.1756, Marb. Dep. II, 413.4; Gerland 1895, S. 74). Über sein Besichtigungsprogramm gibt er dabei keine Auskünfte, jedoch liegt nahe, anzunehmen, daß bei dieser Gelegenheit der Kirchengrundriß der 1717 bis 1731 erbauten Superga entstanden sein muß. Angesichts vieler Abweichungen zwischen der Zeichnung und dem Baubestand sowie der Verwendung des ungewöhnlichen Maßes von "pieds d'angleterre" kommen allerdings Zweifel auf, ob die Zeichnung tatsächlich vor Ort entstanden ist.
Die Darstellung des Grundrisses ist auf den westlichen Teil der Gesamtanlage, die Kirche und die Vorhalle, beschränkt, so daß außer dem Konventsbau auch die beiden flankierenden Türme und selbst die Räumlichkeiten seitlich des Chores weggelassen sind. Das Interesse des Zeichners konzentriert sich auf die architekonische Grundstruktur des Kirchenraums, der aus einer Kombination eines griechischen Kreuzes mit drei tonnengewölbten Kapellen und dem quadratischen Kuppelchor mit den vier kleineren Kapellen in den Diagonalachsen sowie dem zentralen Mittelraum besteht. Dieser Grundriß ist von Du Ry an vielen Stellen auffällig vereinfacht wiedergegeben. So fehlen etwa die halbkreisförmigen Seitennischen der Diagonalkapellen und insbesondere die alle Seitenräume verbindenden Durchgänge, so daß die den Innenraum charakterisierende Zweischaligkeit völlig entfällt. Weiterhin fallen vielfach Fehler und Ungenauigkeiten im Detail auf wie die vereinfachte Chorapsis, die an den falschen Stellen ansetzenden Mauern der Seitenflügel oder die am Gebäude selbst nicht vorhandenen, von außen zugänglichen Räume zwischen den Kapellen. Du Ry war offensichtlich weniger an einer detaillierten Bauaufnahme des Kirchengebäudes gelegen als vielmehr an der Beschäftigung mit der Konzeption des Zentralbaus.
Mit dem Thema des zentral orientierten Raumes sakraler oder profaner Bestimmung, teilweise in Anlehnung an das Pantheonmotiv, hat sich Du Ry in seiner Ausbildungsphase mehrfach auseinandergesetzt, wie den überlieferten Studienblättern zu entnehmen ist (GS 13775, GS 13782, L GS 13824, L GS 13839; vgl. Boehlke 1958, S. 43f.). Auch beim Bau der katholischen Kapelle von 1777 am Friedrichsplatz in Kassel (Elisabethkirche) verwendete Du Ry das Motiv eines Zentralraumes auf kreisrundem Grundriß, den er mit einem rechteckigen Bauteil kombinierte (Katalog Kassel 1979, S. 207, Nr. 255 u. 256; Fenner 1981).
Stand: September 2004 [GF]


Literatur:
Boehlke 1958, S. 188, Abb. 21


Letzte Aktualisierung: 08.09.2017



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