3.28.2.32 - Frankenberg, Liebfrauenkirche, Bauaufnahme, Ansicht von Südwesten



3.28.2.32 - Frankenberg, Liebfrauenkirche, Bauaufnahme, Ansicht von Südwesten


Inventar Nr.: L GS 7915
Bezeichnung: Frankenberg, Liebfrauenkirche, Bauaufnahme, Ansicht von Südwesten
Künstler: Fritz Köberlein (tätig um 1880), Zeichner/-in
Datierung: um 1880
Geogr. Bezug: Frankenberg (Eder)
Technik: Graphit, Feder in Schwarz
Träger: Papier
Wasserzeichen: -
Maße: 42,8 x 29,3 cm (Blattmaß)
Maßstab: -
Beschriftungen: unten mittig: "Kirche in Frankenberg." (Feder in Schwarz)
unten rechts: "Gezeichnet von Fritz Köberlein." (Feder in Schwarz)
oben rechts: "I." (Feder in Schwarz)
verso: "V / F. / F 6 c " (Graphit)


Katalogtext:
Die vorliegende Zeichnung, die als Vorlage für die erste Abbildung in der Publikation von Heinrich von Dehn-Rotfelser und Fritz Köberlein (Dehn-Rotfelser 1882) fungierte, zeigt die Frankenberger Liebfrauenkirche von Südwesten. Die hier gewählte Himmelsrichtung, für die sich auch Eduard Ihlée bei seiner Darstellung entschied (s. GS 12088), bietet sich an, da nur aus dieser Perspektive der gesamte Kirchenbau mit seinem Kapellenanbau ansichtig wird. Bei der von Fritz Köberlein angefertigten Zeichnung handelt es sich um eines von sechs Blättern, die bei der Wiederaufnahme des Publikationsprojekts im Jahr 1866 noch ausstanden. Bemerkenswert an der Darstellung ist, daß Dehn-Rotfelser als Herausgeber und Fritz Köberlein als Zeichner bewußt von einer Dokumentation des Baubestands Abstand nahmen und nach eigener Aussage statt dessen einen rekonstruierten, vermeintlich ursprünglichen Zustand abbildeten. "Statt des jetzigen hässlichen Thurmdaches ist auf den beigegebenen Blättern der schlanke gezimmerte Helm dargestellt, wie ihn der Thurm vor dem grossen Brande gehabt hat, und wie er hoffentlich bei der noch rückständig gebliebenen Restaurierung des Thurmes wieder zur Ausführung kommen wird" (Dehn-Rotfelser 1882, S. 6). Diese Entscheidung erscheint um so erstaunlicher, als sie bei der Darstellung des Langhausdachs unterlaufen wurde. Das Langhausdach, das hier in der seit der Renovierung nach dem großen Stadtbrand 1478 bestehenden Form als großes gemeinsames Satteldach über Mittel- und Seitenschiffen präsentiert wird, wurde im Zuge der großen Renovierungsmaßmaßnahme in den Jahren zwischen 1864 und 1868 verändert. In Anlehnung an die Konstruktion der Marburger Elisabethkirche entstanden ein Satteldach über dem Mittelschiff sowie quer gestellte Walmdächer über den Seitenschiffjochen. Dehn-Rotfelser sah in dieser Dachform den ursprünglichen, vor dem Stadtbrand zu findenden Zustand.
"[...] so ist es sehr wahrscheinlich, dass das ursprünglich durch den grossen Brand völlig zerstörte Langhaus nur ein Satteldach über dem Mittelschiff gewesen ist, an welches sich, wie es jetzt noch an der St. Elisabethkirche zu Marburg zu sehen ist, über den Seitenschiffen abgewalmte Querdächer abschlossen, und dass an dem ursprünglichen Dache die First über Lang- und Querschiff gleich hoch gelegen hat" (Dehn-Rotfelser 1882, S. 5).
Hinter dieser nicht ganz nachvollziehbaren Maßnahme lassen sich ganz praktische Erwägungen vermuten. Da bereits vier Darstellungen von Dehn-Rotfelser aus der Zeit vor der Renovierung vorlagen und diese nur um die noch fehlenden Blätter ergänzt werden sollten, wurde die veraltete Dachform beibehalten. Anderenfalls hätten die vier Zeichnungen ebenfalls neu angefertigt werden müssen.
Dehn-Rotfelser verband mit der Publikation ganz klar denkmalpflegerische Ziele, die bei seiner Kritik an verschiedenen Baumaßnahmen im Begleittext deutlich artikuliert werden. So rügte er die unhistorische Dachkonstruktion, die das Dachgesims mit überdeckt, statt vor einer im Gesims eingehauenen Wasserrinne zu enden, die das Regenwasser mittels Wasserspeiern von den Fundamenten ablenkt. Insbesondere im Bereich der "Kreuzflügel" sei es nun zur "Durchweichung" der Fundamente bekommen, was Auswirkungen auf das Mauerwerk hatte (Dehn-Rotfelser 1882, S. 5). Die Beschreibung der Marienkapelle verknüpfte er mit dem Wunsch, daß "nun in diesem Jahre endlich die schöne Kapelle durch eine einfache pietätvolle Restauration vor weiterem Verfall gesichert [wird], damit sie noch lange als eins der ausgezeichnetsten Denkmäler von der hohen Kunstfertigkeit unserer Vorfahren Zeugniss giebt" (Dehn-Rotfelser 1882, S. 15).
Stand: August 2007 [MH]


Literatur:
Dehn-Rotfelser 1882, S. IV u. Taf. I


Letzte Aktualisierung: 08.09.2017



© Hessen Kassel Heritage 2024
Datenschutzhinweis | Impressum