1.75.1.1 - Kassel, Lutherkirche, erste Entwurfsphase, Aufriß der Ost- und Westfassade



1.75.1.1 - Kassel, Lutherkirche, erste Entwurfsphase, Aufriß der Ost- und Westfassade


Inventar Nr.: L GS 14932
Bezeichnung: Kassel, Lutherkirche, erste Entwurfsphase, Aufriß der Ost- und Westfassade
Künstler: Hugo Schneider (1841 - 1925), Architekt/-in
Datierung: um 1890
Geogr. Bezug: Kassel
Technik: Graphit, Feder in Schwarz
Träger: Papier
Wasserzeichen: -
Maße: 51,4 x 62,4 cm (Blattmaß)
Maßstab: bezifferter Maßstab ohne Maßeinheit
Beschriftungen:


Katalogtext:
Das Blatt versammelt die Aufrisse der Ost- und Westfassade eines neogotischen Kirchenbaus, zu dem im Bestand der Graphischen Sammlung ein weiteres Blatt mit dem Aufriß der Südfassade überliefert ist (L GS 14938).
Die auf der linken Blattseite dargestellte Ansicht der Westfassade zeigt einen von dem mittig angeordneten Westturm überragten Kirchenbau, dessen Querhaus mit je einem Joch deutlich aus der Flucht des Mittelschiffs hervortritt. Erschlossen wird der Kirchenraum über das zentral im Westturm angelegte Portal, das aus schlichten Holztüren gebildet wird, die in ein abgestuftes Gewände mit doppelter Säulenstellung eingebunden sind. Anstelle eines skulptural gestalteten Tympanons ist ein Radfenster eingesetzt, das von einem Spitzbogen mit Archivolten begleitet wird. Ein krabbenbesetzter Portalwimperg bekrönt das Hauptportal. Das erste Turmgeschoß, das bis zur Trauflinie des Mittelschiffs heraufgeführt wird, erhält eine Belichtung durch ein dreibahniges Maßwerkfenster, das in einen großen Spitzbogen eingesetzt ist, dessen unteres Drittel von einem Blendmaßwerk dekoriert wird und hinter dem Portalwimperg verläuft. Ein auf Höhe der Trauflinie des Mittelschiffs geführter Klötzchenfries betont die horizontale Trennung zum folgenden Turmgeschoß, in dessen Westfront zwei schmale Lanzettfenster eingeschnitten sind. Demgegenüber vermittelt ein einfaches, leicht vorkragendes Gesims zum Glockengeschoß des Turmes, das durch zwei große, schlanke, in Lanzettform angelegte Schallöffnungen mit abschließenden Dreipässen betont wird. Zur anschließenden Turmgalerie vermitteln ein Rundbogenfries und ein leicht vorkragendes Gesims. Eine Maßwerkbalustrade sowie vier aus Fialen gebildete Ecktürmchen bilden die Einfassung des Galeriegeschosses. Die Ecktürmchen zeigen an ihren vier Seitenflächen ein Blendmaßwerk, das in Wimperge überführt und von einer spitzen Pyramide bekrönt wird. Schmale Spitzgiebel mit je einem schlanken, in Dreipaßform auslaufenden Fenster leiten vom rechteckigen Turmgrundriß über in den polygonalen, gemauerten Turmhelm, der auf drei Ebenen von einem Band aus Vierpässen durchbrochen wird und in eine krabbenbesetzte Turmspitze ausläuft. Ein auf einem Nodus aufsitzendes Kreuz mit bekrönendem Hahn bildet die abschließende Turmzier. Vier mächtige, mehrfach abgetreppte und mit Wasserschlägen versehene Strebepfeiler verlaufen dicht an die Mauerecken gesetzt entlang des Turmes.
An das Untergeschoß des Turmes schließen seitlich zwei Nebeneingänge an, die zur Erschließung des Emporengeschosses im Innenraum dienen dürften. Die zweigeschossig angelegten Nebeneingänge besitzen ein Spitzbogenportal und erhalten im oberen Geschoß eine Beleuchtung über schmale Fensterbahnen. Die anschließenden Schleppdächer führen das Bauvolumen zurück bis auf die Ebene der polygonal gestalteten Flankentürme, die oberhalb der Trauflinie des Mittelschiffs mit einem von Fenstern durchbrochenen Geschoß enden und in spitzen Pyramidendächern auslaufen.
Das Mittelschiff wird lediglich durch die leicht neben den Flankentürmen hervortretende Westwand und den in Eckposition stehenden Strebepfeiler angedeutet. Stärker hervor tritt das Querhaus, in dessen Westfassade im Untergeschoß von Wimpergen bekrönte Portale angelegt sind, über denen doppelbahnige Maßwerkfenster mit bekrönendem Vierpaß anschließen. Ein aus Dreipässen gebildeter Fries leitet über zur Traufe, an die ein hohes Satteldach anschließt.
Der polygonale Chorabschluß bestimmt die Ostfassade, dem außer einem Kapellenkranz östlich ein zweiachsiges eingeschossiges Gebäude (Sakristei?) vorgelagert ist. Die Chorwände werden von zweibahnigen Maßwerkfenstern mit bekrönenden Vierpässen durchbrochen. An den Ecken des Polygons schließen getreppte Strebebögen an. Seitlich des Chores ragen parallel zur Anlage der Westfassade zwei Flankentürme über die Trauflinie des Chores empor. Die Chorapsis schließt mit einem spitzen Zeltdach ab, aus dem neben einer Gaube ein Kamin hervortritt. Seitlich neben den Flankentürmen ist die Ostfassade des Querhauses zu sehen, das durch zweibahnige Maßwerkfenster, die auf einem ebenfalls zweibahnigen Blendmaßwerk ansetzen, belichtet wird.
Obwohl den Aufrissen weder eine Datierung noch eine eindeutige Bezeichnung des Kirchenbaus mitgegeben ist, kann das vorliegende Blatt als eine frühe Planung für die Lutherkirche in Kassel angesprochen werden. Anlage und Gestaltung des Turmes nimmt wesentliche Elemente des später ausgeführten Baues vorweg. Darüber hinaus findet sich die im Osten dem Chor separat vorgelagerte Sakristei in weiteren Planungsstufen zur Lutherkirche.
Stand: September 2007 [LK]


Literatur:
unpubliziert


Letzte Aktualisierung: 08.09.2017



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