1.32 Höhere Bürgerschule


Im Nachlaß von Leonhard Müller befindet sich eine gebundene "Acta / den Entwurf zu einem Schulgebäude / für die Residenz Kassel betr / 1841" (GS 14441). Im ersten beiliegenden Brief des Stadtrats an den "Baumeister Müller zu Hersfeld" vom 22.7.1841 wird die diesbezügliche Bauaufgabe spezifiziert: "Wir wünschen ein Schulhaus nach dem angelegenen Programm auf einem in der Hedwigstraße dahier gelegenen, vom Zimmermeister Wagner angekauften Platze zu errichten." Das erwähnte Programm zum "Bau eines neuen städtischen Schulhauses für die zu errichtende höhere Knaben=Bürgerschule" listet die benötigten Räumlichkeiten genau auf:
"1. Acht Lehrzimmer, von denen jedes mindestens 6o Schüler / bequem fassen kann. / 2. Zwei disponible Zimmer von gleicher Größe, die bei / eintretendem Bedürfnis sogleich zu Parallelklassen / benutzt werden können. / 3. Zwei Zimmer neben einander, von denen das eine / zur Aufstellung des physikalisch-chemischen Apparaths, / das andere für die dahier einschlagenden Vorträge dienen wird. / 4. Ein Bibliothekszimmer, das zugleich zu den Lehrerkonferenzen / benutzt werden kann. / 5. Einen Prüfungssaal. / 6. Einen Zeichnensaal. / 7. Ein Zimmer, worin die Lehrer, welche nicht in dem Gebäu / de wohnen, abtreten können, um Hut, Mantel pp abzulegen. / 8. Disponible Räume zur Aufstellung naturhistorischer / Sammlungen. / 9. Eine Wohnung für den Schulinspector. / 10. Eine Wohnung für den Schuldiener. / 11. Gewölbte Räume zur Aufbewahrung der nöthigen / Baumaterialien und zur Einrichtung eines / Waschhauses. / 12. Ein Karzer. / 13. Kommoditäten" (GS 14441, fol. 2r+v).
In der Antwort auf dieses Schreiben äußerte Müller den Wunsch, einen "Situationsplan von der Baustätte" zu erhalten. Diesen erhielt er auch und zudem "einen Anschlag der Kosten, welche erforderlich gewesen seyn würden, wenn das Schulhaus den angelegenen Rissen gemäß erbaut worden wäre". Die der Akte beigefügten diesbezüglichen Blätter stammen der Signatur zufolge von Stadtbaumeister Johann Jacob Rudolph, der seinen Kostenvoranschlag bereits früher, am 21. März 1841, angefertigt hatte. Leonhard Müller übersandte seinen eigenen Entwurf im Januar 1842, erhielt aber bereits im März die Nachricht, daß nun doch die Pläne von Rudolph umgesetzt werden sollen. "Veränderte Umstände haben es unthunlich gemacht, den Bau nach dem Plan aufzuführen, […] indem jetzt vorgezogen wird, das Hauptgebäude des Schulhauses nicht an die Hedwigstraße stoßen, sondern letzteres nun durch zwei Flügel desselben, mit einem nach der Straße hin offenen Hof berühren zu lassen, in welchem Sinn schon früher ein Riß angefertigt war, dessen Ausführung damals Schwierigkeiten fand" (GS 14441, fol. 37r+v).
Die Ausführung nach diesen Plänen erfolgte vermutlich in den folgenden Jahren. 1845 konnten die Räume bezogen werden (vgl. Festschrift 1929, S. 29). Die Höhere Bürgerschule an der Ecke Hedwigstraße/Mauerstraße, später auch Realschule zweiter Ordnung genannt, beherbergte um 1870 sechs Klassenstufen mit 300-350 Schülern. Vor ihrer Zerstörung im Zweiten Weltkrieg fungierte sie als Gewerbliche Berufsschule (vgl. Brier/Dettmar 1986, Bd. I, S. 120f.).

Stand: August 2007 [UH]




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