1.66 Brüderkirche


Die ehemalige Klosterkirche der Karmeliterinnen ist der älteste erhaltene Kirchenbau Kassels. Im Jahr 1292 begonnen, wurde der Chor 1331, das Langhaus 1376 vollendet. Aus jüngerer Zeit stammt die Westmauer, die nach einer Verkürzung des Langhauses im Jahr 1529 entstand. Sie wurde 1943 bei einem der Bombenangriffe auf Kassel ebenso wie die Gewölbe des Hauptschiffs zerstört und mußte zwischen 1952 und 1955 neu errichtet werden. Der Kirchenbau ist inzwischen profanisiert und wird für Konzerte und Ausstellungen genutzt.
Im Stil der Bettelordenskirchen ist der Bau als einfache, schlanke Halle mit einem Seitenschiff im Norden und einem einschiffigem, langgestreckten Chor im 5/8-Schluß errichtet worden. An der Südseite der Kirche befanden sich die ehemaligen Klostergebäude mit drei Flügeln um den Kreuzganghof. Unter Landgraf Wilhelm IV. entstand Ende des 16. Jahrhunderts hieran anschließend der zum Schloß geöffnete Renthof (Holtmeyer 1923, S. 145; Dehio Hessen 1982, S. 476).
In der Graphischen Sammlung befindet sich ein Konvolut mit Zeichnungen aus dem 19. Jahrhundert, das Neugestaltungsmaßnahmen im Innern behandelt. Der Raum war nach einer kurzzeitigen Profanisierung während des Siebenjährigen Krieges durch die Errichtung neuer Stände, die Versetzung der Empore und der Kanzel sowie die Ausbesserung der Orgel in den Vorkriegszustand zurückgeführt worden. Im Jahr 1828 wurde der Altar in die Mitte der Kirche vor die Kanzel verlegt. In diesem Zustand verblieb der Raum bis in die 1850er Jahre, als weitreichende Veränderungen vorgenommen wurden. Das Projekt stand unter der Leitung von Stadtbaumeister Rudolph, dessen Signatur auf einigen Blättern (Marb. Dep. 177 - Marb. Dep. 181; laut Holtmeyer zu Beginn des 20. Jahrhunderts im Konsistorialarchiv Kassel) zu finden ist. Oberbaurat Friedrich Burghard Ritz war Baureferent und verfaßte im Februar 1857 einen langen Erläuterungstext zu den Zeichnungen, der sich im Landeskirchlichen Archiv der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck erhalten hat (E 2 Kassel 1041, 15.2.1857). Die Bauunterhaltung war zwischen der Stadt Kassel sowie dem sog. Kirchenkasten aufgeteilt, die jährlich jeweils 100 Taler zahlten. Die hohen Kosten der Kirchensanierung mußten durch zusätzliche Einnahmen gedeckt werden, etwa durch eine Kirchenkollekte an Pfingsten 1859 (Landeskirchliches Archiv: E 2 Kassel 1041).
Eine zweite Umbauphase im Innern läßt sich in den 1880er Jahren nachweisen (Landeskirchliches Archiv, E 2 Kassel 1041, 8.11.1888). Im Rahmen dieses Projekts wurden die Veränderungen der letzten Sanierung z. T. wieder zurückgenommen, wie die Verlegung des Altars vom Chor an seine alte Position quer vor der Kanzel. Eine geplante Neuausstattung mit gotischem Gestühl unterblieb indes (Holtmeyer 1923, S. 147). Das Konvolut aus sechs Blättern ist von Werner Narten am 11. März 1884 angefertigt worden.

Stand: August 2007 [MH]




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