1.74 Englische Kirche St. Alban


Ebenso wie die Errichtung der Adventskirche ist auch der Bau der englischen Kirche St. Alban, die vor ihrer Kriegszerstörung in der Murhardstraße zu finden war, unmittelbar auf die Initiative des Textilfabrikanten Sigmund Aschrott zurückzuführen. Beide Kirchen entstanden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts westlich des Weichbilds der Stadt Kassel innerhalb eines neuen Stadtviertels, des sog. Hohenzollernviertels (des heutigen Vorderen Westens). In dem zwischen den Magistralen Wilhelmshöher Allee und Kölnischer Straße gelegenen Quartier plante Aschrott einen zeitgemäßen großstädtischen Wohnraum. Um Anreize für den Zuzug zu schaffen, stiftete der Industrielle Bauplätze für verschiedene öffentliche Einrichtungen (Denkmaltopographie 2005/3, S. 118), u. a. auch für die beiden Kirchenprojekte der englischen und der evangelischen Kirche.
Im Fall von St. Alban war der Zuzug vermögender Engländer vorausgegangen, die in der Stadt eine kleine Kolonie bildeten (ob dieser Zuzug ebenfalls auf Aschrotts Eingreifen zurückzuführen ist, wie Demme spekuliert, soll hier nicht entschieden werden, s. Demme 2006, S. 230). Die Wahl des Bauplatzes fiel zunächst auf eine exponierte Lage an einer Straßenecke von Hohenzollern- und Kaiserstraße (heutige Goetheallee). An dieser Stelle sollte ein Bau entstehen, der durch eine markante Fassade, möglichst mit Turm, weithin sichtbar wäre. Ein solcher Kirchenbau war allerdings wegen der geringen Anzahl der Gemeindemitglieder nicht realisierbar (Demme 2006, S. 228; gleichwohl sind entsprechende Entwürfe [Bestand Murhardsche Bibliothek; Abb. s. Denkmaltopographie 2005/3, S. 124; s. a. Marb. Dep. II, 173 u. Marb. Dep. II, 174] von dem Architekten Werner Narten angefertigt worden). So entstand an der weiter westlich gelegenen Murhardstraße ein turmloser, nüchterner Bau im Stil der Neogotik nach dem Entwurf des Architekten Werner Narten. Am 21. Juni 1887, dem 50jährigen Thronjubiläum der englischen Königin Victoria, war die Grundsteinlegung (Demme 2006, S. 232) des Baues erfolgt, der nach dem früh verstorbenen Sohn der Königin das Patrozinium St. Alban erhielt. Bereits 1890 gab es Bestrebungen, den Bau durch ein Türmchen aufzuwerten. Entsprechende Entwürfe von dem Architekten Louis Angermann, der das Baubüro von Narten nach dessen Tod übernommen hatte, sind in der Graphischen Sammlung vorhanden (Blaupause Marb. Dep. II, 175 u. Zeichnungen Marb. Dep. II, 171 - Marb. Dep. II, 174).

Stand: August 2007 [MH]




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