2.6 Löwenburg


Seit spätestens 1788 setzte sich Jussow mit der Gestaltung einer künstlichen Ruine für den Schloßpark Wilhelmshöhe auseinander. Das erste Zeugnis für dieses Projekt ist ein signierter und datierter Gartenplan, der annähernd an der Stelle, wo ab 1793 die Löwenburg errichtet wurde, eine "projectierte Ruine" verzeichnet (Potsdam, SPSG, Plankammer, Bestand Kassel XII, Nr. 1). Ein vermutlich ebenfalls 1788 entstandener Plan in Privatbesitz benennt den Stil, in dem die geplante Gebäudegruppe gehalten sein sollte, und spricht von einer "projectierten gotischen Ruine" (vgl. dazu: Holtmeyer 1910, S. 343; Dittscheid 1987, S. 165).
Der Standort für die Ruine scheint vorerst noch offen gewesen zu sein, wie Entwürfe aus dem Jahr 1790 belegen, die derartige Planungen für "die Cascade des großen Bassins" sowie "den Felsen in Moulang bei Weissenstein" bezeugen (Potsdam, SPSG, Plankammer, Bestand Kassel XV, Nr. XXII/47, 48 und Nr.XXIII/49). Möglicherweise waren jedoch auch mehrere ruinöse Gebäude staffagehaften Charakters für den Park vorgesehen, wie es in englischen Landschaftsgärten durchaus üblich war. Hinweise für den Bau einer bewohnbaren Burganlage sind dagegen erst ab 1793 bezeugt.
Die zeichnerische Auseinandersetzung Jussows mit mittelalterlichen Burgruinen in der Umgebung von Kassel gehört in den Kontext dieser Planungen. Erhalten haben sich Skizzen zu den Burgen Löwenstein, Jesberg und Desenberg. Der "Neue Nekrolog der Deutschen" für das Jahr 1825 erwähnt denn auch, daß sich Jussow "die Ueberreste des alten Schlosses zu Jesberg und die alte zerstörte Burg zu Löwenstein zum Vorbild genommen" habe bei der Errichtung der Felsenburg, die 1795 in Löwenburg umbenannt wurde (Dittmer 1827, S. 848). Justi (Justi 1831, S. 317) folgt dieser Darstellung; danach sollte die Löwenburg "anfangs nur eine, nach dem Vorbilde der Ruinen von Jesberg und Löwenstein, aufgeführte kleine Burg" darstellen. Der Einfachheit halber wird hier nicht zwischen Felsen- und Löwenburg unterschieden, sondern durchgängig von Löwenburg gesprochen. Die Übereinstimmungen bleiben allerdings so allgemein, daß kaum von einer direkten Übernahme gesprochen werden kann. Auffällig ist allein das besondere Interesse, das Jussow jeweils dem Bergfried widmete, der auch bei den frühen Planungen zur Löwenburg im Zentrum der Anlage stand.

Text übernommen aus Katalog Kassel 1999/CD-Rom [CL]




© Hessen Kassel Heritage 2024
Datenschutzhinweis | Impressum