2.13 Großes Pflanzenhaus


Unmittelbar nach seinem Regierungsantritt 1821 ordnete Kurfürst Wilhelm II. den Bau eines großen Pflanzenhauses bei Schloß Wilhelmshöhe an, das als Schauhaus für seine Pflanzensammlung dienen sollte. Dieser am nördlichen Ende des Bowlinggreen gegenüber vom Marstall gelegene Neubau sollte die zum Abbruch freigegebenen Treibhäuser im Obst- und Gemüsegarten nordwestlich des Schlosses ersetzen. "1822 wurde durch den Oberhofbaumeister Bromeis der Bau des neuen großen Pflanzenhauses begonnen. Es erhielt eine Länge von 249 Fuß und bestand aus fünf Abteilungen, nämlich einer Rotunde in der Mitte mit Kuppel, zwei niedrigeren Zwischenhäusern und zwei über diese etwas hervorragenden Flügelgebäuden" (Heidelbach 1909, S. 308). Der Mittelpavillon sollte als Salon dienen, während die beiden Flügel als Gewächshäuser zum Überwintern weniger empfindlicher Pflanzen, die beiden Eckpavillons aber zur Unterbringung wärmeliebender Pflanzen vorgesehen waren.
Bromeis nahm mit dieser Glas-Eisen-Konstruktion, seinerzeit einer der ersten größeren Bauten dieser Art auf dem Kontinent, eine in England entwickelte Bauidee auf. Allerdings wurde seine Konstruktion nicht durchgängig aus Eisen errichtet, denn die tragenden Teile an der Südseite bestanden aus hölzernen Pfeilern, denen Basen und Kapitelle aus Gußeisen aufgesetzt wurden. Dies führte aufgrund der unterschiedlichen physikalischen Eigenschaften von Anfang an zu Problemen. 1887 wurde deshalb nach den Plänen von Jacob Neumann ein umfangreicher Umbau durchgeführt, bei dem der runde Mittelbau durch einen kubischen Pavillon ersetzt wurde. In dieser Art präsentiert sich das Große Pflanzenhaus noch heute dem Besucher.
Mit dem bestimmenden zentralen Pavillon knüpft Bromeis bewußt an den repräsentativen Anspruch der klassischen Orangerie (s. Karlsaue) an und modifiziert den Bautypus für die neue Technik. Dadurch wurde das Gewächshaus beispielgebend für weitere klassizistisch gehaltene Bauten auf der Pfaueninsel (1829), in Herrenhausen (1846) und in Karlsruhe (1853) (Kohlmaier/Sartory 1981, S. 366ff.).

Stand: August 2007 [UH]




© Hessen Kassel Heritage 2024
Datenschutzhinweis | Impressum