3.5 Bad Hersfeld


Von Leonhard Müller hat sich ein Konvolut von Zeichnungen erhalten, das als Teil seines Nachlasses in die Graphische Sammlung gelangt ist. Sie stehen in Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Landbaumeister in Hersfeld.
Der in der Gestaltung seiner Bauten biedermeierliche Klassizist war in Sachen Bautechnik allem Neuen aufgeschlossen, was sich beispielsweise in der von der Oberbaudirektion in Kassel geförderten und von Müller - seit spätestens 1834 - konsequent umgesetzten Verwendung von Lehmsteinmauerwerk statt Fachwerk für öffentliche Bauten äußerte. Der Neubau der Schule, die Renovierung der Pfarrkirche, eine spürbare Verbesserung der Verkehrsverhältnisse durch den forcierten Ausbau der Landwege, die Anlage eines Parks im Vorfeld der Stadtmauer, zahlreiche öffentliche und private Neubauten in Stadt und Land, etliche Entwürfe für Grabmale und nicht zuletzt die Arbeit an der Stiftsruine dürften den Baubeamten in Hersfeld bis aufs äußerste in Anspruch genommen haben.
Die um 1829/30 gezeichneten Schulhausprojekte zeigen neben einer Beschäftigung mit historischen Stilen (Gotik, Renaissance) vor allem die Rezeption der barocken und klassizistischen Baukultur der Residenzstadt Kassel. Der Einfluß von Heinrich Christoph Jussow und Johann Conrad Bromeis, den Lehrern Müllers, ist unverkennbar. Mit der Luisenschule gelang dem Landbaumeister schließlich eine Übertragung des klassizistischen Formenrepertoires in den kleineren Maßstab der Kreisstadt. Er experimentierte für diese Aufgabe sogar mit der Würdeform einer Kuppel, reduzierte diese dann aber auf einen nicht minder wirkungsvollen Dachreiter, dem er die Form eines offenen, tempelartigen Pavillons gab.
Leonhard Müller kann in seinen Bauprojekten seine Herkunft aus Kassel und seine Ausbildung an der dortigen Akademie nicht verleugnen. Die schlichten Putzfassaden mit den sparsamen klassizistischen Dekors hätten im Prinzip auch in der Kasseler Oberneustadt gebaut werden können. Müllers Entwürfe zeichnen sich durch sorgfältige Ausführung und ausgewogene Proportionen aus. Auf aufwendigen Bauschmuck wurde bei den realisierten Entwürfen verzichtet.

Stand: Mai 2005 [TW]




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