1.21.1.2 - Kassel, Königsstraße, Entwurf zum sog. Meßhaus, Grund- und Aufriß (recto); Vorzeichnungen zu einem Pferdestall sowie Detailskizzen zum Meßhaus (?) (verso)



1.21.1.2 - Kassel, Königsstraße, Entwurf zum sog. Meßhaus, Grund- und Aufriß (recto); Vorzeichnungen zu einem Pferdestall sowie Detailskizzen zum Meßhaus (?) (verso)


Inventar Nr.: GS 6313
Bezeichnung: Kassel, Königsstraße, Entwurf zum sog. Meßhaus, Grund- und Aufriß (recto); Vorzeichnungen zu einem Pferdestall sowie Detailskizzen zum Meßhaus (?) (verso)
Künstler: Heinrich Christoph Jussow (1754 - 1825), Architekt/-in, Entwurf
unbekannt, Zeichner/-in, Ausführung
Datierung: 1809
Geogr. Bezug: Kassel
Technik: Graphit, Feder in Grau, Schwarz und Braun, grau und rot laviert
Träger: Papier
Wasserzeichen: keine Angabe
Maße: 51,3 x 66,5 cm (Blattmaß)
Maßstab: unbezifferter Maßstab ohne Maßeinheit
Beschriftungen: rechts: (stellenweise unleserlich) "24 Pilaster in der Gallerie / 2 Thüren mit 2 Flügeln 5 breit 9 hoch / zum Eingang in die Gallerie / 2 Thüren zum Ausgang in die Mansarde von / gleicher Größe / 30 Fenster wovon 8 alte abgehen / 11 Sch[...] zur Decke / 11 Schock (?) zum Fusboden / 24 Pilaster in der Gallerie / 2 Thüren mit 2 Flügel 5 breit 9 hoch / 30 Stück Fenster wovon die alten 11 Stück / nicht brauchbaren abgehen / von diesen 11 Stück sind 8 im Wage Gebäude und 3 Stück / im alten Meßflügel. Diese letzten 3 Stück sind aber (?) / 31/4 Zoll breiter als die neuen" (Graphit)
rechts neben der Darstellung des Erdgeschosses: "8 Schock (?)... / 8 Stück (?) Fenster mit Bogen / 4 Stück halbrunde Bogen / 8 Thore ... / 4 Hausthüren (?) / 3 ... Thüren / 4 ..." (Graphit)
unten rechts: "Friedens / Gericht" (Graphit)


Katalogtext:
Der bislang nicht identifizierte Aufriß und die drei Grundrisse zu einem dreigeschossigen Fachwerkgebäude sind eindeutig als Entwürfe für das Meßhaus in der Königsstraße einzuordnen. Die Anzahl der Geschosse und Achsen wie auch bestimmte bauliche Details, etwa die Attika, sind ebenso wie die Maßangaben mit denen auf GS 5893 identisch.
In dem Fassadenaufriß, der einfaches konstruktives Fachwerk zeigt, sind alle Bundpfosten, an die im Innern Wände anschließen, in Rot gekennzeichnet. Auf die gleiche Weise werden die Köpfe derjenigen Deckenbalken markiert, die innen auf Stützen aufliegen. In fast allen Fenstern des Erdgeschosses finden sich Eintragungen der rundbogigen Abschlüsse in Graphit und zweimal in brauner Tinte.
Die Grundrisse der drei Geschosse geben die innere Aufteilung wieder, deren wenige große Räume eine dem Nutzungszweck angemessene Flexibilität zur Unterbringung der Messestände aufweisen. Zwei Treppenhäuser in den äußeren Ecken des Gebäudes erschließen die Stockwerke, die in den oberen Etagen keinerlei Raumunterteilung, sondern nur zwei Reihen freistehender Stützen haben. Das Erdgeschoß ist in die zwei Durchfahrten und einige Räume, darunter einen großen Mittelsaal, unterteilt. Ein Raum an der westlichen Schmalseite ist als Sitz des Friedensgerichtes gekennzeichnet, das in der Zeit des Königreichs Westphalen hier untergebracht war. Die Anschlüsse der beiden älteren Flügel des Meßhauses sind ebenso vermerkt wie die Positionen der Pilaster an den Fassaden. Dünne bzw. radierte Graphiteintragungen geben offenbar Überlegungen wieder, das Gebäude im Erdgeschoß an beiden Schmalseiten zu verlängern.
Die horizontalen Balkenlagen des Aufrisses und der Grundriß des zweiten Obergeschosses sind durchgenadelt, um Jussows Entwurf kopieren zu können.
Da die Grundrißdisposition dieses Flügels des Meßhauses bisher nicht genau bekannt war, stellt das Blatt auch eine wichtige Quelle zur Geschichte des 1904 abgebrochenen Gebäudes dar.
Auf der Rückseite der Ausführungszeichnung für das Meßhaus findet sich die unvollendet gebliebe Grundrißdarstellung eines Stallgebäudes. Es knickt an einer Seite rechtwinklig um, ohne daß das Ende dieses Flügels erkennbar wird. Möglicherweise war für das andere Ende ein Gegenstück vorgesehen.
Die dünn in Graphit eingetragenen Hilfslinien unter Verwendung einer Reißschiene lassen den für Stallungen charakteristischen Mittelgang mit beidseitig angeordneten Stellplätzen für die Pferde erkennen. In die Graphitzeichnung sind 19 Boxen mit brauner Tinte gestrichelt einskizziert.
Eine fast über das ganze Blatt verlaufende diagonale Linie ermöglicht eine Zuordnung des Planes. Sehr wahrscheinlich ist damit die am Rande der Frankfurter Straße unterhalb des Weinbergs verlaufende Mauer bezeichnet, die das Gartengelände des Bellevueschlosses begrenzte. Hier errichtete Klenze ab 1810 den Marstall und ein Reithaus für König Jérôme (vgl. die Pläne Klenzes für die Marställe im Hessischen Staatsarchiv Marburg; StAM P II 9560/7 u. P II 9713; Holtmeyer 1923, S. 382-384, Taf. 254,3; Buttlar 1986, S. 201-204, Abb. 26 u. 27). Zunächst entstand nur ein Flügel nahe der Frankfurter Straße, dem erst in einem zweiten Bauabschnitt der andere am Aueabhang folgte.
Demnach handelt es sich bei dem vorliegenden Blatt um eine frühe Planungsstufe für den ersten Flügel des neuen Marstallgebäudes. Zwei etwa in der Mitte des Baues eingetragene und rechtwinklig dazu ansetzende Doppellinien deuten einen der Annexbauten an, die beim ausgeführten Projekt den Bereich bis zur begrenzenden Mauer in zwei Höfe teilten.
Außer der Zeichnung für den Marstallflügel finden sich auch einige Graphitskizzen, die sehr wahrscheinlich Details wie die Ecklösung des Mittelrisalits oder eine Säule im Innern des umseitig (GS 6313) wiedergegebenen Meßhauses darstellen. Da dieses bereits 1809, also etwa ein Jahr vor Beginn der Planungen für den königlichen Marstall, errichtet wurde, scheint das Blatt mit der Werkzeichnung als nicht aufbewahrenswert eingestuft und zweitverwendet worden zu sein.

Text übernommen aus Katalog Kassel 1999/CD-Rom [GF]


Literatur:
Katalog Kassel 1999/CD-Rom


Letzte Aktualisierung: 09.04.2015



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