1.61.3.7 - Kassel, Palais Schaumburg, zweites Projekt, Entwurf, Lageplan



1.61.3.7 - Kassel, Palais Schaumburg, zweites Projekt, Entwurf, Lageplan


Inventar Nr.: Marb. Dep. 133a
Bezeichnung: Kassel, Palais Schaumburg, zweites Projekt, Entwurf, Lageplan
Künstler: Julius Eugen Ruhl (1796 - 1871), Zeichner/-in
Datierung: 1836
Geogr. Bezug: Kassel
Technik: Graphit, Feder in Grau, rot, grün, lila und blau laviert
Träger: Papier
Wasserzeichen: "VAN DER LEY"
Maße: 47,6 x 63,8 cm (Blattmaß)
37,3 x 51,3 cm (Darstellungsmaß)
Maßstab: -
Beschriftungen: in der Darstellung: Erläuterungen (Graphit)


Katalogtext:
Der vorliegende Plan zeigt Ruhls Überlegungen hinsichtlich der Eingliederung des zweiten Gebäudeentwurfs in die bestehende Bebauung.
In mittiger Anordnung an der Kopfseite des Wilhelmhöher Platzes ist das Palais in der den zweiten Entwurf kennzeichnenden Pavillonbauweise dargestellt. An der Nordwestseite des Platzes markieren die auf die Planung von Heinrich Christoph Jussow zurückgehenden Torgebäude den Anfang der Wilhelmshöher Allee. Der direkt an das südwestliche Wachthaus anschließende Gebäudekomplex mit Innenhof kann als das ebenfalls von Jussow entworfene "Fürstenhaus" identifiziert werden. Diesem gegenüber liegt die Arnoldsche Tapetenfabrik. Parallel zur Wilhelmshöher Allee und in dieser Darstellung vom rechten Bildrand überschnitten verläuft die vom Königstor ausgehende Allee mit den von Simon Louis Du Ry erbauten Torhäusern. Der gestaffelt angeordnete Gebäudekomplex mit dem großen Ehrenhof stellt das Wohnhaus des unter König Jérôme tätigen Oberhofbaumeisters Grandjean de Montigny dar. Die unterhalb des Königstors in dunkler Farbe als Baubestand ausgewiesenen Gebäude sind Teil der Garde-du-Corps-Kaserne. Dazu zählen das vom unteren Bildrand beschnittene Kasernengebäude sowie die blau lavierte Pferdeschwemme und das Reithaus, das Teil der schematisch dargestellten Oberneustadt-Bebauung im unteren Bereich der Zeichnung ist.
Die besondere Bedeutung der Darstellung besteht in einem System von parallel verlaufenden Graphitlinien, das mit Ruhls Idee zu einem weiträumenden Achsensystem in Zusammenhang zu bringen ist. Demnach sollte das Palais Schaumburg durch eine rundbogige Platzanlage mit einmündendem Alleesystem eine herausgehobene städtebauliche Struktur erhalten. Dabei wäre eine direkte Verbindung zu dem an der Frankfurter Straße gelegenen fürstlichen Gebäudekomplex (Schloß Bellevue) entstanden, die in ihrem letzten Abschnitt nur durch eine Brücke hätte erfolgen können.
Für die Realisierung des Bauprojekts mußten verschiedene Privatgrundstücke angekauft werden. Allen voran natürlich das sog. Koppsche Haus, das sich direkt auf dem projektierten Bauplatz für das Palais befand. Vermutlich war es seit 1834 im Besitz der Gräfin von Schaumburg (s. StAM Best. 7b 1, Nr. 251; Holtmeyer 1923, S. 762, ging dagegen vom Jahr 1837 aus). Dazu zählten aber auch unmittelbar benachbarte Besitzungen wie das Causidsche Haus (Wilhelmshöher Allee Nr. 1) und der dazugehörige Garten. Für die Parkanlage und das weitreichende Wegesystem mußten darüber hinaus weitere Besitzungen erworben werden, wobei einige der betroffenen Grundstückseigentümer in Graphit eingetragen sind (so Schelhaase, Schreiber, Wöhler sowie Galland). Über den vollzogenen Ankauf geben verschiedene Archivalien im Hessischen Staatsarchiv Marburg Auskunft. Demnach erwarb die Gräfin von Schaumburg den Gallandschen Garten (StAM Best. 7b 1, Nr. 254), die Besitzungen des ehemaligen Weinwirts Schreiber (StAM Best. 7b 1, Nr. 256) ebenso wie den Laßmannschen Garten (StAM Best. 7b 1, Nr. 253) und die Gebäude von Trautvetter und Ditzel auf dem Weinberg (StAM Best. 7b 1, Nr. 258).
Im Rahmen seiner dritten Projektserie verfolgte Ruhl den Plan einer weiträumigen Parkanlage weiter (s. Marb. Dep. 131h). Die den Hauptbau vergrößernden Graphitschraffuren auf dem vorliegenden Blatt beziehen sich auf die Grundrißstruktur ebendieses dritten Entwurfs.
Stand: August 2007 [MH]


Literatur:
Lohr 1984, Nr. 4, S. 90, 92 m. Abb. 2a


Letzte Aktualisierung: 08.09.2017



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