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8.3.1.1 - Skizzen zu Ornamenten in Kirchen von Assisi, Florenz, Venedig und Spoleto



8.3.1.1 - Skizzen zu Ornamenten in Kirchen von Assisi, Florenz, Venedig und Spoleto


Inventar Nr.: Marb. Dep. 249,38
Bezeichnung: Skizzen zu Ornamenten in Kirchen von Assisi, Florenz, Venedig und Spoleto
Künstler: Georg Gottlob Ungewitter (1820 - 1864), Zeichner/-in
Datierung: 1850-1860
Geogr. Bezug: Italien
Technik: Graphit, Feder in Schwarz; koloriert
Träger: Transparentpapier
Wasserzeichen: Einhorn + zwei geschwungene Initialen (nicht ermittelbar)
Maße: 42,7 x 35 cm (Blattmaß)
Maßstab: -
Beschriftungen: in der Darstellung: Erläuterungen (Graphit)


Katalogtext:
Auf dem Trägerpapier befinden sich mehrere Transparentpapiere mit den teilweise kolorierten Darstellungen farbig gefaßter Verzierungen in verschiedenen italienischen Kirchenbauten, wie der Ober- und Unterkirche von S. Francesco in Assisi und S. Marco in Venedig. Die Zeichnung dokumentiert Ungewitters Interesse an der Fragestellung nach der Polychromie mittelalterliche Kirchenräume. Die Zeichentechnik mit dem feinen Federstrich und der anschließenden Kolorierung sowie die Fixierung auf einer Unterlage deuten auf die Verwendung einer Vorlage hin.
Das Thema Farbigkeit von Architektur beschäftigte Architekturtheoretiker seit den 40er Jahren des 19. Jahrhunderts. In England trat die Neogotik damit in eine neue Phase ein (s. beispielhaft John Ruskin in seinem Werk "Seven Lamps of Architecture" von 1849). Um 1850 entdeckten Architekten und Architekturschriftsteller die mittelalterliche Polychromie norditalienischer Bauten (s. Ruskins "Stone of Venice" von 1851-1853).
Wie das vorliegende Blatt zeigt, war auch Ungewitter an der Vielfarbigkeit norditalienischer Marmorinkrustationen interessiert. Entgegen der ablehnenden Haltung vieler deutscher Architekten (s. "Allgemeine Bauzeitung" aus dem Jahr 1852, die gegen den "Ruskinism" Stellung bezieht), die dem Ideal der Materialechtheit anhingen, war Ungewitter einer der ersten, der die Farbigkeit von Architektur in seine Arbeit einband und zunächst im Wohnbau in Form farbiger Ziegel einsetzte (David-Sirocko 1997, S. 182f.).
Die polychrome Kirchenraumgestaltung war in Hessen zunächst verboten. Eine ministerielle Vorschrift vom 30. Juni 1843 schrieb weiße Kirchenwände vor; für Abweichungen war eine Sondergenehmigung notwendig. Durch Restaurierungsmaßnahmen wie die von Ungewitter und Friedrich Lange (s. Marburg, Elisabethkirche, Marb. Dep. 410) trat diese Vorschrift jedoch langsam in den Hintergrund (David-Sirocko 1997, S. 62f.). Ab Ende der 1850er Jahre setzte Ungewitter polychrome Fassungen in Kirchenräumen ein (s. die Kirchen von Volkmarsen, Wetter, Frankenberg, Fritzlar, Wolfhagen) und versuchte damit dem jeweiligen Bau mit seinen konstruktiven Besonderheiten gerecht zu werden.
Die Auseinandersetzung mit dem Thema des farbigen Kircheninnenraums spiegelt sich auch in seinem theoretischen Werk wider. In dem "Lehrbuch der gothischen Construktionen" (1859-1864) widmet er der farbigen Ausstattung des Innern ein eigenes Kapitel (VIII) und legt damit einen sehr frühen Beitrag zu diesem Thema vor (David-Sirocko 1997, S. 65).
Stand: August 2007 [MH]


Literatur:
David-Sirocko 1997, S. 184 u. Abb. 111


Letzte Aktualisierung: 08.09.2017



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