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4.1.4.1 - Aachen, St. Jakob, Entwurf für eine Monstranz, Vorderansicht



4.1.4.1 - Aachen, St. Jakob, Entwurf für eine Monstranz, Vorderansicht


Inventar Nr.: L GS 18234
Bezeichnung: Aachen, St. Jakob, Entwurf für eine Monstranz, Vorderansicht
Künstler: Hugo Schneider (1841 - 1925)
Datierung: 1879/80
Geogr. Bezug: Aachen
Technik: Feder in Schwarz
Träger: Transparentpapier
Wasserzeichen: -
Maße: 88 x 56,3 cm (Blattmaß)
Maßstab: -
Beschriftungen:


Katalogtext:
Die Federzeichnung auf Pergament zeigt den Entwurf für eine Scheibenmonstranz in neoromanischen Formen. Die Monstranz entwickelt sich auf einem flachen, achtpaßförmigen Fuß, dessen Wölbung acht Medaillons aufnimmt. Am Übergang zum Schaft sind acht gravierte Engel in Arkaden mit Dreipässen und Spitzgiebeln angelegt. Der über einem Blattkapitell ansetzende Schaft zeigt unter dem reich durchbrochenen Nodus vier schräg aufstrebende, mit Rosetten besetzte Streifen mit fächerförmigem Blattdekor. Die vier Rotuli des Nodus sollen wahrscheinlich die Evangelistensymbole zieren, da man auf demjenigen, der dem Betrachter zugewandt ist, einen Adler erkennen kann. Den Übergang vom kurzen oberen Schaft zur Kreuzscheibe verdeckt ein Engel in Halbfigur mit Schriftband.
Im Zentrum des Aufsatzes steht ein rundes Ostensorium, das eine Lunula mit reichem Schmuck in Blütenform aufnimmt und von einem edelsteinbesetzten Filigranband umgeben ist. Es ist Mittelpunkt eines vortretenden griechischen Kreuzes, in dessen Zwickeln jeweils ein Viertelkreis mit durchbrochenem Rankenwerk eingesetzt ist. In den Kreuzarmen, die eine breite ornamentale, ebenfalls einen Edelsteinbesatz vorsehende Rahmung aufweisen, sind vier vierpaßförmige Medaillons vorgesehen; flache Dreiecke schließen die Kreuzarme ab, Knäufe besetzen die Ecken dieser Dreiecke und die Mitte der Viertelkreissegmente, ein kleines Kruzifix überragt die Monstranz an der höchsten Stelle.
Zu beiden Seiten der sorgfältig ausgeführten Tuschezeichnung sind sechs Details eingezeichnet: links vom Schaft der Monstranz zwei Schnitte, die die Konstruktion der Kreuzarme erläutern, rechts eine Aufsicht auf den Fuß, ein Schnitt durch den Schaft und eine Aufsicht auf den Nodus - jeweils nur als Viertelkreis angelegt - sowie eine Seitenansicht der Engel mit den Schriftbändern zur Erläuterung der Ausbildung des sonst nicht erkennbaren kurzen Schaftabschnitts über dem Nodus.
Die Zeichnung war im Nachlaß Schneider fälschlich den Plänen für die Restaurierung der Stiftskirche in Fritzlar zugeordnet, doch entstand der Entwurf für einen anderen Auftraggeber. Schneider entschloß sich im Januar 1880 lediglich dazu, dem Fritzlarer Dechanten die Zeichnung ebenfalls zugänglich zu machen - ob im Zusammenhang mit einer allgemeinen Diskussion über zeitgenössische Sakralkunst oder in der konkreten Hoffnung auf einen ähnlichen Auftrag ist nicht gesichert - und sie wohl für diesen Zweck auf Pergamentpapier durchgezeichnet worden. Der Originalentwurf ist im Kasseler Bestand nicht erhalten.
Angefertigt wurde der Entwurf ursprünglich wohl Ende 1879 oder in den ersten Januartagen 1880 für den Aachener Goldschmied August Witte. Dieser hatte von der Männerkongregation der Pfarre St. Jakob in Aachen den Auftrag erhalten, für den geplanten neoromanischen Neubau der Pfarrkirche eine stilgerechte Monstranz zu fertigen, wobei er sich der entwerferischen Qualitäten Schneiders bediente. 1882 - ein Jahr nach Baubeginn und vier Jahre vor der Konsekration der Kirche - war die Monstranz, die sich noch heute im Kirchenschatz von St. Jakob befindet, mit kleineren Änderungen fertiggestellt (vgl. Grysar 1995). Witte wählte für die Rahmenleisten der das Ostensorium einfassenden Kreuzform andere Ornamentformen, gestaltete die Lunula aufwendiger und realisierte in den Kreuzarmen statt vierpaßförmiger runde Medaillons, in denen er die Pfarrpatrone Jakob, Gerlach, Hubert und Quirin in Niellotechnik darstellte, folgte sonst aber Schneiders Entwurf. Auf den Schriftbändern der Engel wurde der Text "venite adoremus" angelegt, die im Entwurf angedeuteten Medaillons auf dem Fuß zeigen - gleichfalls in Niello - die Erscheinung Gottes im Paradies, das Opfer des Abel, die Opferung Isaaks, das Opfer des Melchisedech, das Passahmahl, den Mannaregen, die Opferung des Brotes und Moses und die Eherne Schlange, mithin Szenen, die mit dem ausgestellten Allerheiligsten in Bezug zu setzen sind. Die Monstranz ist 75 cm hoch, der Fuß weist einen Durchmesser von 28 cm auf, und sie kostete die Kongregation 3.000,- Mark (Grysar 1995).
Stand: September 2007 [LK]


Literatur:
  • Dagmar Preising: Aachener Kunstblätter, Band 64 2006-2010. Aachen 2011.


Letzte Aktualisierung: 08.09.2017



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