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4.1.3.5 - Aachen, Dom, Entwurf für den Ziborienaltar, Ansicht und Teilschnitt



4.1.3.5 - Aachen, Dom, Entwurf für den Ziborienaltar, Ansicht und Teilschnitt


Inventar Nr.: GS 12332
Bezeichnung: Aachen, Dom, Entwurf für den Ziborienaltar, Ansicht und Teilschnitt
Künstler: Hugo Schneider (1841 - 1925)
Datierung: nach 1870
Geogr. Bezug: Aachen
Technik: Graphit
Träger: Papier, Papier, Papier
Wasserzeichen: -
Maße: 41,3 x 25,3 cm (Blattmaß)
Maßstab: bezifferter Maßstab mit Maßeinheit "Fs Rhl."
Beschriftungen:


Katalogtext:
Die in Graphit ausgeführte Zeichnung zeigt den Entwurf für einen neogotischen Ziborienaltar in der Ansicht sowie links davon einen Teilschnitt durch eine der Ecken auf Höhe der Brüstung. Die Altaranlage erhebt sich über einer flachen Stufe mit einer ungegliederten Stipes über einem schmalen Sockel und einer mehrfach profilierten Mensa. Das niedrige Altarretabel nimmt im Zentrum die in ottonischer Zeit (um 1000) entstandene sog. Pala d'oro auf, deren zehn Passionsszenen und die zentrale Deesis in der Zeichnung vage angedeutet werden. Die Rahmung der mittelalterlichen Goldreliefs ist auf Breite der Mensa als plastische Holzschnitzerei angedeutet, wobei zwei Figuren auf Postamenten die Altartafel flankieren. Beide Skulpturen stehen in einer als gotischer Baldachin gestalteten Nische, wobei die zeichnerische Ausführung der linken Nische detailreicher erfolgte. Für die rechte Figur ist nur der Baldachin deutlich ausgeführt, die ihn tragende Konstruktion kommt über eine Andeutung nicht hinaus. In der Mittelachse der oberen Rahmenleiste ist eine Konsole angedeutet, die zur Aufnahme eines Kreuzes oder für die Aufstellung einer Figur dienen könnte. Zwei profilierte Säulen tragen einen Baldachin, dessen Bogen als Dreipaß ausgeführt ist und dessen Bekrönung in einen krabbenverzierten Spitzgiebel ausläuft.
Aufwendiger gestaltet ist das eigentliche Altarziborium, von dem in der Ansicht die beiden vorderen der insgesamt vier tragenden Säulen gezeigt werden. Diese erheben sich über einem hohen, polygonalen Postament mit schlichten dorischen Basen und enden in einem deutlich profilierten Halsring. Bekrönt werden die Säulen von in gedrungener Form ausgeführten korinthisierenden Kapitellen, über deren Kämpfermitte sich der Baldachin erhebt, dessen innere Abschlußlinie einen Spitzbogen bildet, in den als Maßwerk ein filigraner Dreipaß eingefügt ist. Oberhalb des Spitzbogens entwickelt sich im Giebelfeld ein reichhaltiges Maßwerk um einen zentralen Sechspaß, der seitlich und oberhalb von je einem Dreischneuß begleitet wird. Der krabbenbesetzte Spitzgiebel läuft in eine Kreuzblume aus.
Seitlich des Baldachinansatzes schließt eine schmale Sockelzone an, in die jeweils eine kleine Säule mit Basis und Kapitell eingestellt ist. Oberhalb dieser Sockel folgen vollplastische Figuren, wobei es sich bei dem später ausgeführten Altar um Evangelistenbilder handelt, die jeweils von einem gotischen Baldachin überfangen werden. Auf Schulterhöhe der Figuren setzt jeweils eine diagonal gestellte Fiale mit einem hohen, vierseitigen, mit Blendmaßwerk verzierten Sockel an, der in vier Wimpergen ausläuft. Hieraus entwickeln sich vier kleine Eckfialen und ein hoher krabbengeschmückter zentraler Fialenschaft, der von einer zierlichen Kreuzblume bekrönt wird.
Zwischen den Fialsockeln und dem Dreiecksgiebel ist eine eingespannte Maßwerkbalustrade konzipiert.
Der neue Hauptaltar entstand auf Initiative des 1872 gegründeten Münster-Altarvereins, dessen Zielsetzung in der Neuausstattung der mittelalterlichen Chorhalle des Domes mit neogotischen Altären lag. Mit den Entwürfen für den Haupt- und die beiden Nebenaltäre wurde der damals in Aachen ansässige Hugo Schneider beauftragt.
Für den Hauptaltar erhielt Schneider die Vorgabe, ältere Ausstattungsstücke der Domkirche zu integrieren und somit den Altären durch die Verwendung dieser historischen Stücke Authentizität und Historizität zu verleihen. Für den Hauptaltar war die Verwendung der sog. Pala d'oro sowie der Einbau zweier antiker Säulen vorgesehen, die zu jenen Spolien gehören, die Karl der Große aus römischen und ravennatischen Palästen nach Aachen überführen ließ und die ursprünglich im Hochmünster Aufstellung fanden. Die beiden zu verwendenden Säulen aus grünem Porphyr gehören zu jenem Bestand, der 1794 von den Französischen Revolutionstruppen nach Paris überführt wurde und 1815 zurück nach Aachen gelangt war.
Der letztlich ausgeführte Ziborienaltar des Aachener Domes unterschied sich in wesentlichen Details von der hier vorliegenden Zeichnung. Die Altarweihe fand am 30. Januar 1876 statt. Bis zu seiner Kriegsbeschädigung 1943 hatte der Hauptaltar Bestand, wurde aber im Rahmen der Neueinrichtung des Chores nach dem Zweiten Weltkrieg niedergelegt. Die antiken Säulen werden heute im Lapidarium der Dombauleitung aufbewahrt, die Pala d'oro bildet seit 1972 das Antependium des heutigen Hauptaltars der Domkirche. Einzelne holzgeschnitzte Figuren des Retabels sind, wenn auch beschädigt, erhalten.
Stand: September 2007 [LK]


Literatur:
unpubliziert


Letzte Aktualisierung: 27.04.2023



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