2.4.3.4 - Kassel-Wilhelmshöhe, Ballhaus, Entwurf für eine Längswand im Tanzsaal, Aufriß



2.4.3.4 - Kassel-Wilhelmshöhe, Ballhaus, Entwurf für eine Längswand im Tanzsaal, Aufriß


Inventar Nr.: SM-GS 1.3.987
Bezeichnung: Kassel-Wilhelmshöhe, Ballhaus, Entwurf für eine Längswand im Tanzsaal, Aufriß
Künstler: Johann Conrad Bromeis (1788 - 1855)
Datierung: 1828
Geogr. Bezug: Kassel-Wilhelmshöhe
Technik: Graphit und Feder, aquarelliert
Träger: Papier, aufgelegt in ein Passepartout
Wasserzeichen: "RUSE & TURNERS 1816"
Maße: 54,3 x 82,7 cm (Blattmaß)
Maßstab: unbezifferter Maßstab ohne Maßeinheit
Beschriftungen: verso: "S. 9 und Ballhaus, Wilhelmshöhe" (Graphit)
verso: "(Tanzsaal [...] Wilhelmshöhe.)" (Graphit)
verso: "N = 4" (Rotstift)


Katalogtext:
Für die Umgestaltung des Theaters zu einem Tanzsaal waren im Innern weitreichende Umbauten notwendig. Mit Ausnahme des Foyers wurde der Raum entkernt, der Dachstuhl wurde neu errichtet. Zur statischen Sicherung des Baues wurden Säulen vor die Wände gesetzt, die das Mauerwerk verstärken und die Tragfähigkeit des Daches erhöhen sollten. Diese Maßnahme war notwendig geworden, da der Schub des Dachwerks die Mauern in den wenigen Jahren seit der Errichtung des Gebäudes erheblich nach außen gedrückt hatte.
Über mehrere Planungsphasen erstreckte sich die dekorative Ausgestaltung des Tanzsaals (s. Bidlingmaier 2003, S. 19-28). Der erste Entwurf von Bromeis sah zunächst eine relativ einfache Ausstattung mit einfach marmorierten Wänden in lichten Tönen vor. Nachdem der Kurfürst diese Gestaltung als zu schlicht abgelehnt hatte, wurde der Hoftheatermaler Friedrich Beuther beauftragt, einen Entwurf für die Ausmalung des Raumes vorzulegen. Beuther tat sich schwer mit dem Auftrag, entwickelte aber schließlich für die Nordwand eine mediterrane Ideallandschaft mit Pinien und Zypressen und als Alternativvorschlag eine Gebirgslandschaft mit Wasserfällen (Bidlingmaier 2003, S. 22; Thümmler 2004, S. 70). Oberhalb der Fenster sollte eine fortlaufende Verzierung oder Draperie Wand- und Deckenbereich trennen. Anfang Juni fertigte Bromeis nach Skizzen von Beuther verschiedene Entwürfe zu den Querwänden und dem Plafond an. Inzwischen entschied sich Wilhelm II. gegen die illusionistische Malerei an den Wänden. Gleichwohl sollte der Plafond eine zurückhaltend illusionistische Kassettenmalerei mit Blumengirlanden und Rosetten (vgl. Potsdam, SPSG, Plankammer, Inv.Nr. 19913) erhalten. Der Auftrag für die Gestaltung wurde an den Kasseler Dekorationsmaler Peter Osterhof (1789-1855) vergeben und von diesem bis Ende Februar 1829 ausgeführt (Bidlingmaier 2003, S. 26).
Für die Wandfelder und den Fries legte Bromeis im Oktober 1828 den vorliegenden, nur hälftig kolorierten Entwurf vor, der eine Wandabwicklung aus girlandenumrahmten, farblich abgesetzten Wandfeldern und Fenstern mit üppigen Draperien zeigt. Auf den Säulen lagert ein Gebälk mit breitem Fries, den Bronzekandelaber, Pfauen und Vasen in alternierender Anordnung zieren, die durch herabhängende Blumengirlanden verbunden sind. Als Vorlage diente Bromeis eines der gängigsten Vorlagenwerke der Zeit, die Ornamentsammlung von Joseph Beunat, wo sich ein vergleichbarer Fries findet (Beunat 1813 (1974), Pl. 29, Nr. 339, zit. nach Thümmler 2004, S. 71, Abb. 34). Für die Fenstervorhänge entwickelte Bromeis eine noch am Empirestil orientierte Dekoration mit den von Knotenfransen gesäumten Stoffbahnen, die kunstvoll über eine Vorhangstange aus Messing drapiert sind, und den gerafften Seitenschals, die im gelösten Zustand eine Verdunklung des Raumes ermöglichen. Zur Ausführung kam schließlich eine Draperie ohne Seitenschals mit einer kontrastreichen Farbgestaltung (s. GS 15779).
Ob Bromeis dem Kurfürsten die vorliegende Zeichnung noch vorgelegt hat, ist anzuzweifeln, da Wilhelm II. der Sinn nach einer reicheren Ausgestaltung stand. Er entschied sich schließlich für eine Malerei im Arabeskenstil, für die Bromeis Mitte November 1828 einen Entwurf ausarbeitete (Bidlingmaier 2003, S. 26).
In der Plankammer in Potsdam ist darüber hinaus noch ein weiterer, bislang unbekannter Entwurf zu finden (SPSG, Plankammer, Inv.Nr. 20292) zu finden, der ebenfalls dieser Planungsphase zuzurechnen ist. Er zeigt zwei Aufrisse der Süd- und Ostwand mit einem recht konservativen Gestaltungsprogramm, das auf den freien Wandflächen zwischen den Säulenstellungen Gemälde mit verschiedenen utopischen Architekturansichten zeigt. Die ionischen Säulen und der Fries sind marmoriert ausgeführt - so gliedern sie den Raum und ordnen sich zugleich dem Bildprogramm unter.
Stand: August 2007 [MH]


Literatur:
Bidlingmaier 2003, S. 21; Thümmler 2004, S. 70f. (m. Abb. 33)


Letzte Aktualisierung: 09.04.2015



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