2.8.3.2 - Kassel-Wilhelmshöhe, Mulang, Entwurf für den Salon mit Nebengebäuden, perspektivische Ansicht



2.8.3.2 - Kassel-Wilhelmshöhe, Mulang, Entwurf für den Salon mit Nebengebäuden, perspektivische Ansicht


Inventar Nr.: GS 11610
Bezeichnung: Kassel-Wilhelmshöhe, Mulang, Entwurf für den Salon mit Nebengebäuden, perspektivische Ansicht
Künstler: unbekannt
Datierung: um 1783
Geogr. Bezug: Kassel-Wilhelmshöhe
Technik: Graphit, Feder in Schwarz, farbig koloriert
Träger: Papier
Wasserzeichen: Krone, darunter "GR"
Maße: 16,4 x 37 cm (Blattmaß)
Maßstab: -
Beschriftungen: oben rechts: "19" (Farbstift in Blau)


Katalogtext:
Die kolorierte perspektivische Ansicht präsentiert drei reich dekorierte Häuser im chinesischen Stil, eingebettet in einen reichen Baumbestand, wie er im Bereich der neuen "chinesischen" Siedlung geplant war (Strieder beschreibt 1793 die Pagode als von Lärchen umgeben; Temple 1990, S. 99). Die beiden quadratischen seitlichen Pavillons sind symmetrisch auf das längsrechteckige, gleichmäßig durchfensterte Gebäude in der Mitte ausgerichtet. Diese Häuserfolge läßt sich identifizieren mit dem Salon und den beiden begleitenden Gebäuden von Küche und Milchkammer, die - wenn auch in anderer Ausgestaltung - ein wesentlicher Bestandteil des "chinesischen" Dorfes Mulang waren, wie die Ansicht auf einem Porzellantablett von 1785 zeigt (Katalog Kassel 1993, Taf. 1).
Der dort durch besondere chinesische Dekorelemente hervorgehobene Salon, der nach Strieder (Holtmeyer 1913, S. LIII) 1791 als fürstlicher Speisesaal eingerichtet wurde, ist auch in diesem Entwurf mit zahlreichen chinesisch-exotischen Motiven ausgestattet. Vor allem die beiden blau-weißen Porzellanvasen auf dem Dachfirst, die Drachen auf den Ecken des konkav ausschwingenden Daches mit unregelmäßig geschwungener Traufleiste sowie die drei kleinen Sitzfiguren von Chinesen, die den Haupteingang sowie die Zwickel zwischen den kielbogig abschließenden Fenstern schmücken, sind dem gängigen Repertoire der Chinoiserien entnommen. Hinzu kommen die Palmsäulen, die nicht nur die Fenstertür rahmen, sondern zudem ihre naturalistischen Wedel an den Gebäudeecken freiplastisch effektvoll auffächern. Dieses Motiv, das möglicherweise einen Bezug zu alttestamentlichen Vorstellungen vom Paradies- und Weisheitstempel aufweist (vgl. Vogel 1996, S. 201), war durchaus gebräuchlich für zeitgenössische Gartenbauten mit exotischem Charakter und kennzeichnete auch die Entenhäuser in Schloß Wilhelmsthal bei Kassel, die auch als Vorbild für das Chinesische Haus in Drottningholm (Rabreau 2001, Abb. S. 123) dienten (vgl. Marb. Dep. 4). Die Bauaufnahme dieser Entenhäuser von J. F. Reissmann in Marburg (StAM 300 P II 342/13) belegt, daß die Wilhelmsthaler Bauten nicht nur für diesen Entwurf, sondern auch für die tatsächliche Ausführung des Salons, wie sie uns in der Darstellung des Porzellantabletts (Katalog Kassel 1993, Taf. 1) und einer Zeichnung (Potsdam, SPSG, Plankammer, Bestand Kassel XIV, Bl. 84) überliefert sind, sicher eine gewisse Vorbildfunktion hatten.
Die seitlichen Nebengebäude sind in ihrer Dekoration vergleichsweise schlicht gehalten. Der rechte Bau, der als Küche dienen sollte, weist ein doppeltes, durch einen laternenartigen Zwischenbau erhöhtes, geschwungenes Dach auf. Farbig gefaßte Holzrahmen umschließen die Tür und die hochangesetzten Fenster, unter denen gleichartige hochrechteckige Felder mit gemalten chinesischen Landschaftsszenen angebracht sind. Das Pendant auf der anderen Seite des Salons, die sog. Milchkammer mit einfachem geschwungenen Zeltdach, variiert diese Gestaltung in Form von Rhombenfeldern, die gleichermaßen oben Fenster und unten Landschaftsszenen beinhalten.
Der Vergleich mit der Darstellung des Chinesischen Salons auf dem Porzellantablett von 1785, die mit der 1785 datierten Zeichnung von Hartdegen in Potsdam (SPSG, Plankammer, Bestand Kassel XIV, Bl. 84) übereinstimmt, belegt, daß wir es bei dem vorliegenden Blatt wohl mit einem frühen Alternativ-Entwurf zu tun haben, entstanden zu einem Zeitpunkt, als die Anordnung der drei Gebäude, aber noch nicht ihr genaues Aussehen feststand, d. h. zwischen 1781 und 1784.
Stand: September 2004 [UH]


Literatur:
  • Hagner, Dietger: Die Wiedererrichtung des Chinesischen Häuschens im Schlosspark Altenstein bei Bad Liebenstein. In: Jahrbuch der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten 15 (2012), S. 106-110, S. 107.


Letzte Aktualisierung: 09.04.2015



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