1.5.4 Weißes Palais: Zweite Umgestaltung


In der Graphischen Sammlung befindet sich ein kleines Konvolut mit Entwürfen zu neogotischen Einrichtungsgegenständen aus der Hand von Julius Eugen Ruhl . Die Zeichnungen mit unterschiedlicher Provenienz gehören einerseits zum Marburger Depositum, andererseits waren sie ursprünglich Bestandteil eines Klebebands, der vom Verein für hessische Geschichte und Landeskunde an die Graphische Sammlung abgegeben wurde. Sie lassen sich der von Kurprinz Friedrich Wilhelm 1839 für das Weiße Palais beauftragten Modernisierung zuweisen.
Seit der Ernennung von Kurprinz Friedrich Wilhelm zum Mitregenten Ende September 1831 residierte dieser im Weißen Palais. Das Rote Palais stand ihm nicht zur Verfügung, da sich Kurfürst Wilhelm II. zwar faktisch von den Regierungsgeschäften zurückgezogen hatte, de jure aber den kurhessischen Thron bis zu seinem Tod 1847 weiterhin innehatte und daher die Nutzung einer Reihe von Hofgebäuden inklusive des Roten Palais beanspruchen konnte. In den inzwischen unmodernen Räumen des Weißen Palais - das Gebäude war von 1816 bis 1821 nach den Entwürfen von Johann Conrad Bromeis eingerichtet worden -, sollten Umgestaltungen vorgenommen werden. Kurprinz Friedrich Wilhelm hatte 1839 hatte für seine Privaträume von Oberhofbaumeister Julius Eugen Ruhl entsprechende Möbelentwurfszeichnungen in "Roc[o]manier" anfertigen lassen (StAM Best. 7b 1, Nr. 167, zit. nach Bidlingmaier 2000, S. 77). Das Blatt Marb. Dep. 101 bestätigt mit der Beschriftung "entw. von. Ruhl. 39." diese Datierung. Das dort dargestellte rote Kanapee war wohl für den Roten Empfangssaal in der Beletage bestimmt. Das repräsentative Möbel ist mit Goldstickerei und den Initialen des Kurfürsten Friedrich Wilhelm versehen. Das Blatt ist sorgfältig ausgeführt und zudem auf einen Karton mit aufgedruckter, mehrteiliger, z. T. floraler Rahmung aufgeklebt. In anderen Entwürfen finden sich neogotische Stilelemente (s. Marb. Dep. 96, L GS 12067 u. L GS 12068), die sich mit den Gestaltungswünschen von Friedrich Wilhelm in Einklang bringen lassen, der diesen Stil nachweislich besonders schätzte.
Ab 1851 sind wiederum Veränderungen in verschiedenen Räumen des Weißen Palais vorgenommen worden, die zunächst noch unter Leitung des Hofbaumeisters Georg Jatho stattfanden und nach dessen Tod im Mai desselben Jahres dann von seinem Nachfolger im Amt, Gottlob Engelhard, durchgeführt wurden. Von letzterem stammen die drei Deckenentwürfe (GS 14488 - GS 14490), die zum Bestand der Graphischen Sammlung gehören.

Stand: August 2007 [MH]




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