1.11 Renthof


Der heute noch bestehende, auf den ehemaligen fürstlichen Renthof zurückgehende Gebäudekomplex unterhalb des alten Landgrafenschlosses umfaßt die Hofanlage neben der Brüderkirche an der Stelle des Kreuzgangs des einstigen Karmeliterklosters und das bergabwärts anschließende ehemalige Kanzleigebäude.
Die direkt neben der Kirche gelegenen Klostergebäude wurden 1598 durch Landgraf Moritz für das "Collegium Mauritianum" hergerichtet und 1616-1618 umgebaut (vgl. Holtmeyer 1923, S. 438-449). Bereits 1578-1580 war an der Schlagd längs der Fulda der Kanzleibau entstanden, der später durch einen Verbindungsbau entlang der Kettengasse mit den oberhalb liegenden Gebäuden zusammengeschlossen wurde. Seitdem blieb der Komplex, der wahlweise als "Kanzlei", "Kollegienhof" und "Renthof" bezeichnet wurde, in seiner grundlegenden Gestalt unverändert. Die Umgestaltungen im Innern der Gebäude standen stets in Zusammenhang mit der im Laufe der Zeit wechselnden Belegung durch Behörden und Dienststellen. Nachdem hier bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts das Konsistorium, der Lehenhof, das Oberappellationsgericht und die Fürstliche Rentkammer untergebracht waren, wurden nach der Neuordnung durch das Organisationsedikt von 1821 einige Dienststellen ins Staatsministerium ausgelagert (vgl. Neuber 1890). Unter der preußischen Regierung wurde im südlichen Teil des Klosterflügels ein Polizeigefängnis eingerichtet (Holtmeyer 1923, S. 445).
Nach der weitgehenden Zerstörung 1943 wurde der Kanzleibau 1959 mit einem neuen Speichergeschoß wiederaufgebaut. Nach einem weiteren Umbau im Jahre 2005 befinden sich hier jetzt Büros und Läden, während in den anderen Gebäuden ein Seniorenzentrum untergebracht ist.
Mehrere im 19. Jahrhundert entstandene Grundrisse und eine Folge von Aufrissen dokumentieren den Zustand des Renthofs zwischen etwa 1830 und 1860, wobei das unterschiedliche Geschoßniveau aufgrund der Hanglage die korrekte Darstellung erschwerte. Die beiden frühesten Zeichnungen, die noch die alte Bezeichnung "Collegienhof" tragen (GS 15669, GS 15675) und um 1830 entstanden sind, zeigen die Raumverteilung im gesamten Baukomplex nach der Neuordnung von 1821. Zwei weitgehend identische Serien von Bauaufnahmen, um 1840 von unbekannten Zeichnern der Oberbaudirektion angelegt, dienten offensichtlich unterschiedlichen Behörden als Basis für ihre Umgestaltungspläne. 1844 ergänzte der Baueleve Friedrich Mann diese um eine Folge von drei Aufrissen, die die Außenfronten der Anlage genau wiedergibt. Die Serie von vier Blättern, die der Baukondukteur Böckel 1855 anfertigte, konzentriert sich vor allem auf das Kanzleigebäude an der Fulda.
1886 beschäftigt sich der damalige Direktor der Höheren Gewerbeschule, Theodor von Kramer, mit der Ausstattung des Sitzungssaals des Konsistoriums im alten Kanzleibau, wo sich ein bedeutendes Wandgemälde erhalten hatte, das Landgraf Wilhelm IV. und seine Räte zeigt.

Stand: August 2007 [UH]




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