3.132.1 Hospital St. Michael


Der zum Hospital St. Michael gehörende Kapellenbau wurde Ende des 14. Jahrhunderts als einfacher gotischer Bruchsteinbau mit 5/8-Chorschluß errichtet (Dehio Hessen 1982, S. 938). Die Besonderheit des Baues besteht in der Bekrönung des eingestellten kleinen Westturms in Form des baldachinartigen, maßwerkverzierten Aufbaus. Auf den Turmecken sind von Strebepfeilern verstärkte Säulen plaziert, denen Filialen aufsitzen. Mittig ragt der spitze, über Eck gestellte, mit Krabben und einer Kreuzblume besetzte Steinhelm in die Höhe.
Dieses Charakteristikum war wohl ausschlaggebend für eine Reihe von Zeichnern, sich recht früh mit dem historischen Relikt auseinanderzusetzen. In der Zeitschrift für hessische Geschichte und Landeskunde, dem Publikationsorgan des hessischen Geschichtsvereins, der sich seit seiner Gründung im Jahr 1834 die Denkmälererfassung zur Aufgabe gemacht hatte (Dolff-Bonekämper 1985, S. 139ff.), veröffentlichte Wilhelm Kröger im Jahr 1847 einen Beitrag über die Hospitalkapelle in Witzenhausen. In der Graphischen Sammlung sind sieben graphische Blätter vorhanden, von denen vier als Architekturzeichnungen im Jahr 1821 entstanden sind. Einem Schriftvergleich zufolge können die Darstellungen Julius Eugen Ruhl zugeschrieben werden. Die Beschriftung eines Blattes gibt Auskunft über ein Publikationsprojekt, das unter dem Titel "Denkmäler der Baukunst des Mittelalters in Hessen" erscheinen und neben der Kapelle in Witzenhausen in einer zweiten und dritten Lieferung auch die Kirche in Fritzlar sowie die Kapelle in Frankenberg vorstellen sollte. Für die Kapelle in Witzenhausen waren sechs Blättern geplant: "1) Grundplan. 2) Durchschnitt. / 3) Thurm im vergrößerten Maaßstab - / 4) Capelle von der Westseite / ausgeschiedenes Blatt. / 5) Capelle von der Nordseite.- 6) Portal d. Kirche zu Witzenhausen". Das Projekt, das offensichtlich nicht zur Ausführung gelangte, stand möglicherweise in Zusammenhang mit einer Publikation von Ruhl, die 1821 bei Leske in Darmstadt erschien und die "Denkmaeler der Baukunst in Italien / Nach den Monumenten gezeichnet und herausgegeben von J. E. Ruhl" vorstellte. Ruhls Ambition im Bereich der Architekturpublikation dokumentiert zudem der 1831 bei Andreae in Frankfurt a. M. erschienene Band "Gebäude des Mittelalters zu Gelnhausen in vier und zwanzig malerischen Ansichten".
Alle vier zum Nachlaß Ruhl gehörenden Blätter haben ebenso wie die Zeichnung L GS 12078 mit der Darstellung eines Schlangenornaments, das wohl als Schmuckfibel zu deuten ist, das Wasserzeichen einer Wappenkrone über den Buchstaben "A F". Die Blätter zeigen zudem Lichtschäden, die wohl durch eine frühere Rahmung entstanden sind.

Stand: August 2007 [MH]




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