3.44.6 St. Mariae Namen


Seit Einführung der Reformation hatten die Hanauer Katholiken ihre Religion nicht mehr frei ausüben können. Dies änderte sich erst unter der Regentschaft von Landgraf Wilhelm IX., der im Jahr 1787 entsprechende Freiheiten gewährte und zunächst die Einrichtung eines Betsaals gestattete. Der Bau eines eigenen Gotteshauses zog sich wegen fehlender Gelder allerdings noch bis ins 19. Jahrhunderts hin. Trotz zahlreicher Spenden scheiterte die Realisierung in einer ersten Planungsphase zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Erst nach der allgemeinen Anerkennung der Glaubensfreiheit im Gebiet des Deutschen Bundes in den 1830er Jahren, wurden die Planungen wieder aufgenommen (Lübbecke 1951, S. 367f.; Angert 1984, S. 17-22). In einem solidarischen Akt, über alle konfessionellen Schranken hinweg, schlossen sich die drei evangelischen Kirchen Hanaus, die katholischen Kirchen Hanaus, die kurhessischen evangelischen Gemeinden und die Frankfurter Katholiken um die Familie Brentano zusammen. Der ins Auge gefaßte Bauplatz im Bangert, dem ehemaligen gräflichen Baumgarten zwischen der Alt- und Neustadt in Hanau, wurde von der kurhessischen Regierung einzig aus Ermangelung einer Alternative zur Verfügung gestellt. Die Pläne zur Errichtung eines Polizeigebäudes bzw. einer Kaserne an dieser Stelle wurden nun verworfen. Bei der Realisierung des Kirchenbaus fiel die Entscheidung für das mit Abstand teuerste Projekt des Hofbaudirektors Julius Eugen Ruhl. Sein mehrfach überarbeiteter Plan sah eine dreischiffige Basilika zu sieben Jochen mit einem eingezogenen Apsidenschluß im gotisierenden Stil vor. Eine Giebelfassade mit erhöhtem Mittelteil und Glockentürmchen bestimmt die Westansicht. Ruhl erarbeitete drei Fassadenvarianten, wobei die beiden verworfenen Risse als Zeichnungen auf Transparentpapier (GS 18374 u. GS 18376) in den Ruhlschen Klebeband "Calquen" Aufnahme fanden.
Unter der Oberleitung des kurhessischen Landbaumeisters Israel Schwalm wurde im Oktober 1841 mit dem Neubau begonnen. Die örtliche Bauleitung hatte der Baukonstrukteur August Eggena inne. Der Rohbau war bereits vollendet, als ein heftiger Sturm im Januar 1843 das Kirchendach zum Einsturz brachte (Angert 1984, S. 22). Der Wiederaufbau in den Jahren 1848 bis 1850 erfolgte in vereinfachter Form nach dem Plan des Hanauer Architekten Johann Caspar Stawitz, der sich bereits an der Ausschreibung beteiligt hatte. Aus Kostengründen konnte die Durchfensterung des Obergadens nicht verfolgt werden. Statt dessen wurden die drei Schiffe des Langhauses unter einem Satteldach vereinigt. Die Weihe durch den Fuldaer Bischof Christoph Florentius Kött fand am 28. August 1850 statt. Die erste Renovierung und Innenausmalung erfolgte im Jahr 1892. Im Zuge der zweiten Renovierung 1910 erhielt die Kirche farbige Glasfenster, ein Portalmosaik sowie drei neoromanische Altäre mit Kanzel (Angert 1984, S. 2f.). Der Bau wurde im Zweiten Weltkrieg bis auf die Außenmauern und Teile der Mittelschiffpfeiler zerstört. Der Wiederaufbau erfolgte bis 1952 in stark veränderter Form.

Stand: Mai 2005 [MH]




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