3.55.1 Kath. Pfarrkirche St. Georg


Für die zum Fürstbistum Fulda gehörige katholische Pfarrei St. Georg entwarf Julius Eugen Ruhl einen Neubau, der die um 1500 errichtete und mit einem Erweiterungsbau von 1604 versehene Kirche ersetzen sollte. In den Jahren 1835 und 1838 entstand das aus drei Blättern bestehende Projekt, das als Leihgabe des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde in die Graphische Sammlung gelangte. Demnach plante Ruhl einen Hallenraum mit rundem Chorschluß, Zweiturmfassade sowie Chortürmen in der strengen Ausrichtung des Rundbogenstils. Bei der Fassadengliederung, die sich als eine Blendarchitektur aus Lisenen und Rundbogenfriesen darstellt, orientierte sich Ruhl an einem Entwurf des Koblenzer Architekten Johann Claudius von Lassaulx für die Kirche St. Servatius in Güls, mit dem er sich im Rahmen einer sechsteiligen Serie auseinandergesetzt hatte (s. L GS 13863 - L GS 13868).
Die Beauftragung des Kasseler Architekten geht vermutlich auf den Pfarrer Josef Anton Schmitt zurück, der von 1832 bis 1851 in Hofbieber tätig war und den Kirchenneubau engagiert verfolgte. Auf dessen Initiative ist die Eingabe des Domkapitels bei der Kurfürstlichen Regierung zurückzuführen, in der das Domkapitel erklärte, "daß ein Neubau der Pfarrkirche in Hofbieber seit langem ein anerkanntes Bedürfnis sei, da die alte Kirche zu klein und auch baufällig sei" (Kutzner 2003, S. 215). Das geringe Eigenkapital der Kirchengemeinde, das bereits kleinere Reparaturarbeiten zu einem Problem werden ließ, stand einem baldigen Baubeginn jedoch im Weg. Bereits Ende des 18. Jahrhunderts waren die ersten von Pfarrer und Oberamtmann betriebenen Neubaupläne der kleinen und stark renovierungsbedürftigen Kirche am Widerstand der Gemeindevertreter, die die wirtschaftliche Situation realistisch einschätzten, gescheitert. Da einem Gutachten zufolge trotz eines Risses im Turmmauerwerk keine akute Gefährdung des Baues vorlag, beschränkten sich die Arbeiten auf die nötigen Ausbesserungen. In den 1820er Jahren war die Bausubstanz in Teilen jedoch so marode, daß für alle Beteiligten Handlungsbedarf bestand. Um die dringend notwendigen Maßnahmen durchzuführen, mußte auf die Kirchenkassen der Filialgemeinden zurückgegriffen werden. Größere Reparaturen konnten erst 1876 vorgenommen werden (Kutzner 2003, S. 210-213). Nach den Vorgaben des Fuldaer Bauinspektors Hoffmann wurden Dach, Turm und Giebel so weit instand gesetzt, "daß diese alte Kirche nach einem Urtheile der Baubehörde noch einige Jahrzehnte halten dürfte" (Bistumsarchiv Fulda, Spezialia - Hofbieber T.1, Fasz. 3 vom 02.03.1878; zit. nach Kutzner 2003, S. 214). Überlegungen hinsichtlich eines Neubaus gab es aber weiterhin. 1870 legte Carl Schäfer einen Entwurf vor, der aber ebenfalls nicht verwirklicht werden konnte (Lohr 1984, S. 102). Erst 1899 wurde unter der Leitung des Kasseler Architekten Georg Kegel mit den Bauarbeiten begonnen, die bis 1901 dauerten. In dem Hallenbau mit seiner von Türmen flankierten Giebelfassade finden sich Elemente der Ruhlschen Planung wieder.

Stand: Mai 2005 [MH]




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