3.74.1 Ehemalige Klosterkirche


Die ehemalige Benediktinerinnenklosterkirche des nach dem Hirsauer Regelwerk gegründeten Nonnenklosters wurde unter Propst Gunther um 1140-1150 in einheitlichem Stil erbaut. Die dreischiffige, kreuzförmige Pfeilerbasilika mit ihrem dreischiffigen Chorabschluß ist bis auf die veränderte Doppelturmfront im Westen in ihrer klaren romanischen Formensprache weitgehend erhalten. Sie ist als einer der ältesten durchgehend eingewölbten Kirchenbauten der romanischen Bauepoche in Deutschland überliefert und gilt als ein herausragendes Beispiel der Architektur in der Mitte des 12. Jahrhunderts. Strömungen aus verschiedenen Kunstlandschaften haben sich hier zu einem geschlossenen, ausgewogenen Werk vereinigt (gebundene Wölbtechnik vom Mittelrhein, Doppelturmfront aus Nordhessen, ornamentale Details der sächsischen Bauschulen). Ihre zeitgenössische Wertschätzung wird durch eine Reihe von Nachfolgebauten veranschaulicht (in Hessen: Germerode, in Westfalen: Gehrden). Die architekturgeschichtliche Bedeutung der Klosterkirche wurde bereits im 19. Jahrhundert erkannt. Den Angaben von Heinrich von Dehn-Rotfelser zufolge sind für die "Mittelalterlichen Baudenkmäler in Kurhessen" Zeichnungen des Gebäudes von dem Architekten Scheele angefertigt worden (Dehn-Rotfelser/Lotz 1870 (2000), S. 131).
Das kleine fünfteilige Konvolut in der Graphischen Sammlung hat zwei unterschiedliche Provenienzen. Während ein Blatt Teil des vom Landesamt für Denkmalpflege Hessen stammenden Depositums ist (Marb. Dep. II, 345), kamen vier Blätter als Leihgabe vom Verein für hessische Geschichte und Landeskunde ins Haus (L GS 8174 - L GS 8177). Dementsprechend unterschiedlich ist auch der Entstehungshintergrund der Zeichnungen. Während das Blatt vom Denkmalamt wohl mit der grundlegenden Instandsetzung der Klosterkirche in den Jahre 1875-1878 in Zusammenhang steht (Desel 1967, S. 216), sind die Zeichnungen vom Geschichtsverein wohl als Studienarbeiten anzusehen, die vermutlich als Ergebnis einer Aufgabenstellung an der Kasseler Akademie entstanden. Die Darstellungen sind als Bauaufnahmen angelegt und zeigen neben Schnitten und Ansichten auch verschiedene Architekturdetails.

Stand: August 2007 [MH]




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