4.11.2 Opernhaus


Die Planungen des preußischen Königs Friedrich II. für eine großzügige Berliner Residenz sahen im Rahmen eines sog. Forums Friderizianum die Errichtung eines königlichen Schlosses mit halbkreisförmiger Kolonnade und zwei einzelnen Pendantbauten vor den Stirnseiten der Flügel vor. Zur Umsetzung gelangte jedoch nur einer der beiden Pendantbauten, das Opern- und Festhaus "Unter den Linden".
Nach Entwürfen von Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff, der den Bau selbst "Un Edifice bâti à l'Antique, pour le dehors un odre véritable" nannte, wurde in kurzer Bauzeit 1741/42 unter der Bauleitung von Johann Georg Fünck ein langgestreckter, dreigeschossiger Rechteckbau errichtet. Über einem rustizierten Sockel erheben sich die glatt geputzten Fassaden mit rahmenlos eingeschnittenen Nischen und übergiebelten Fenstern im ersten Geschoß und den rechteckigen Bildfeldern und Mezzaninöffnungen im Obergeschoß. Den oberen Abschluß bildet ein Balustradengebälk, das gleichzeitig die Sicht auf den Ansatz des flachen Walmdachs verstellt. Der nördlichen, zur Straße Unter den Linden gelegenen Hauptfront ist ein sechssäuliger, korinthischer Portikus mit statuengeschmücktem Giebel vorgestellt, der von seitlichen Treppenaufgängen erschlossen wird. Während die Rückfront analog, aber ohne Portikus geplant war, schmücken die Längsseiten schwach vorspringende Risalite mit Pilastergliederung und Statuenstellungen in Nischen und auf der Attika. Dabei zielt das Skulpturenprogramm - der Funktion des Gebäudes entsprechend - auf die Darstellung von Göttern, Helden und Dichtern des klassischen Altertums (Schmitz 1925, S. 16; Dehio Berlin/Potsdam 1983, S. 45f.; Eggeling 1999, S. 28f.).
Vorbildhaft für die Hauptfassade mit dem Säulenportikus, der doppelläufigen Treppe und dem reliefgeschmückten Giebel mit den bekrönenden Statuen sind die Entwürfe des in der Palladio-Nachfolge stehenden englischen Architekten Colin Campbell für Schloß Wansted und für Stourhead. Zwei Ansichten seines Werks "Vitruvius Britannicus" (Bd. I, S. 22; Bd. III, S. 41, Vol: 3d), das sich nachweisbar im Besitz des preußischen Königs befand (Mielke 1998, S. 76), scheinen direkt zitiert worden zu sein. Auch für andere königliche Bauten wie das Potsdamer Neue Palais stellte das Werk eine wichtige Inspirationsquelle dar.
Im Innern waren mit dem vestibülartigen Apollosaal, dem Zuschauerraum mit vier reich dekorierten Rängen, die amphitheatralisch in halbelliptischen Ringen aufsteigen, und der Bühne drei Räume hintereinander gestaffelt.
Der erste freistehende Theaterbau in Deutschland wurde wegen seiner klassizistischen Formensprache bereits zu seiner Entstehungszeit geschätzt und galt vielen Baumeistern als vorbildhafte Architektur. Demzufolge ist das den Bau behandelnde Stichwerk von Johann Georg Fünck (Plans de la Sale de l'Opera, batie par le Baron de Knobelsdorff [...] à Berlin L'An 1743, Augsburg 1743) häufig kopiert oder nachgezeichnet worden (Katalog Berlin 1999, Kat.Nr. VII.12).

Stand: September 2004 [MH]




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