4.12.2 Palais Veltheim


Im Jahr 1800 fertigte Jussow für den Kammerherrn und Geheimen Staatsminister Friedrich Wilhelm Freiherr von Veltheim (1743-1803) mehrere Entwürfe für ein neu zu erbauendes Palais in Braunschweig an. Veltheim war ab 1779 unter anderem für die Kasseler Akademie tätig, zunächst als Vizedirektor, später als Direktor (vgl. dazu Knackfuß 1908, S. 19). Da Jussow nach dem Tode von Simon Louis Du Ry Präsident der Bauakademie geworden war, werden beide in engem Kontakt zueinander gestanden haben. Von daher lag es nahe, daß Veltheim sich an Jussow wandte, als er den Plan zu einem Neubau faßte.
Zu dem nicht realisierten Bauvorhaben haben sich acht Pläne erhalten, sechs Präsentationsrisse, die mit dem Nachlaßstempel des Braunschweiger Architekten Peter Joseph Krahe (1758-1840) versehen sind und 1954 über den Kunsthandel erworben werden konnten, sowie zwei Vorentwürfe aus dem Nachlaß Jussows. Diese beiden Blätter sind von Jussow vermutlich bei der Durchsicht seines Nachlasses ausführlich beschriftet worden. Genannt werden der Auftraggeber Veltheim, der Standort Braunschweig und das Entstehungsdatum 1800.
Veltheim hatte sich 1803 von seinen hessischen Ämtern auf sein Gut Lucklum in der Nähe von Braunschweig zurückgezogen. Möglicherweise stehen die Baupläne damit in Zusammenhang (dagegen vermutet Wolter 1991, S. 190, Anm. 183, daß ehemals Kassel als Standort für den Neubau vorgesehen gewesen sei). Für welchen Bauplatz die Entwürfe in Braunschweig bestimmt gewesen sind, konnte bisher nicht ausfindig gemacht werden (das Niedersächsische Staatsarchiv Wolfenbüttel, das den Nachlaß von Veltheim verwahrt, könnte hierüber möglicherweise Aufschluß geben). Vereitelt wurden die Baupläne durch den Tod Veltheims, bald nachdem er in Kassel seinen Abschied genommen hatte.
1805, zwei Jahre nach dem Tod Veltheims, wurde in Lucklum eine Nachlaßauktion durchgeführt (vgl. dazu auch im folgenden: Dorn 1971, S. 110). Auf dieser Auktion hat Krahe nachweislich einen Band mit Stichen von Piranesi und Denons Reise durch Ägypten erworben. Es ist nicht auszuschließen, daß er bei dieser Gelegenheit auch die Zeichnungen von Jussow erstanden hat. Krahe war während seiner Ausbildung zur selben Zeit in Rom gewesen wie Jussow. Es ist anzunehmen, daß sich beide gekannt haben und daß Krahe deshalb ein besonderes Interesse am Werk von Jussow gehabt hat. Die Blätter können Krahe aber auch von Röttger von Veltheim geschenkt worden sein, für den er 1805 einen repräsentativen Neubau in Braunschweig plante (vgl. dazu Dorn 1971, S. 107-110).
Im Zuge der Verwaltung des Krahe-Nachlasses sind die Blätter numeriert und um 1900 mit einem Stempel versehen worden (Dorn 1969, S. 42).

Text übernommen aus Katalog Kassel 1999/CD-Rom [CL]




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