4.35.1 Dom


An der Nordostecke der ehemaligen römischen Siedlung Colonia Claudia Ara Agippinensis entstand in spätantiker Zeit eine erste Bischofskirche. Nach mehrfachen baulichen Umgestaltungen und Erweiterungen in fränkischer und karolingischer Zeit erfolgte nach dem Brand des Jahres 855 der Neubau einer dreischiffigen Basilika mit Querhäusern im Westen und Osten. In den Winkeln zwischen dem westlichen Chor und dem Querhaus entstanden runde Glockentürme und über beiden Vierungen zweigeschossige Türme. Nach der Translozierung der Reliquien der Heiligen Drei Könige aus Mailand 1164 wird das vorhandene Bauwerk seiner erweiterten Bedeutung als Wallfahrtskirche nicht mehr gerecht, so daß das Domkapitel 1247 den Beschluß zum Neubau des Chores faßte. Nachdem bei Beginn der Bauarbeiten 1248 der alte Kirchenbau durch einen Brand weitgehend zerstört worden war, fand am 15. August 1248 die Grundsteinlegung zum Neubau durch Erzbischof Konrad von Hochstaden statt. Bis 1322 wird der Chorraum mit seiner Ausstattung (Hochaltar, Chorgestühl, Chorpfeilerfiguren und Glasgemälde) vollendet und durch eine Westmauer zunächst abgeschlossen. Bis zur Einstellung der Bauarbeiten im Jahr 1528 werden die Südseitenschiffe des Langhauses bis auf drei Schichten über die Kapitelle und die nördlichen Seitenschiffe des Langhauses sowie annähernd drei Geschosse des Süd- und Teile des Nordturms aufgeführt.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts setzte sich eine national motivierte Bewegung, getragen von Intellektuellen des katholischen Milieus und preußischen Baubeamten, für den Erhalt der gotischen Bausubstanz und die Fertigstellung der Domkirche ein. Es gelang, das preußische Königshaus zur Übernahme des Protektorats für den Weiterbau zu gewinnen. Mit der Grundsteinlegung zum Weiterbau im Jahr 1842 übernahm Ernst Friedrich Zwirner als Dombaumeister die Bauleitung. Unter seinem Nachfolger Richard Voigtel wurden bis 1863 das Innere des Doms und bis 1880 die Türme vollendet (Schumacher 1993, S. 110ff.).
1862, ein Jahr nach Beendigung seines Studiums an der Höheren Gewerbeschule in Kassel, trat Hugo Schneider in die Dombauhütte in Köln ein und arbeitete unter Voigtel bis zu seinem Fortgang nach Wien im Jahr 1864 (David-Sirocko 1997, S. 396).
In dieser Zeit entstanden von Schneiders Hand eine Innenansicht des Domes nach der Fortnahme der mittelalterlichen Abschlußwand des Chores (L GS 14869) sowie zwei Skizzen zu den reich verzierten Schmuckelementen des gotischen Chorgestühls (L GS 12354, L GS 12355). Auch nach seinem Fortgang aus der Dombauhütte blieb Schneider der Kölner Kathedralkirche verbunden. 1872 nahm er zusammen mit Vincenz Statz, Franz Schmitz und August Rinklage an einem geladenen Wettbewerb zur inneren Ausstattung des Domes teil (J. R. Beines in: Borger 1980, S. 353-359). Die Planungen umfaßten die Anlage eines neuen Hochaltars, die Einrichtung von Chorschranken, die Ausführung einer Kathedra mit zugehörigen Sedilien sowie die Errichtung eines Lettners als Chorabschluß nach dem Hauptschiff hin, ferner den Entwurf für eine Kanzel und Beichtstühle. In dieses Umfeld gehört der Entwurf Schneiders für den Hochaltar, zu dem im Bestand der Graphischen Sammlung eine vorbereitende Skizze vorhanden ist (L GS 14459). Weitere vorbereitende Skizzen zu den anderen Ausstattungsstücken sind im Kasseler Zeichnungskonvolut nicht überliefert. Von den 1872 ausgeschriebenen Ausstattungsstücken kam keines nach den vorgelegten Plänen zur Ausführung.
1886 wurde Schneider neben August Essenwein, Alexander Linnemann, Wilhelm Mengelberg, Johannes Otzen und Otto Lessing in eine engere Auswahl für die Anfertigung der Bronzetüren des Kölner Domes gezogen. Die im Wettbewerbsprogramm ausgeschriebenen Anforderungen sahen für die Portale eine Bronzeverkleidung auf einem Holzgerüst vor, die aus einzelnen Platten bestehen sollte (W. Geis in: Borger 1980, S. 360-368). Als Vorgabe für die Gestaltung der Felder waren als Alternativen eine architektonische Umrahmung, eine Gestaltung mit gotischem Maß- und Stabwerk sowie eine dem Charakter des Domes entsprechende Ornamentierung vorgesehen. Ergänzende Wettbewerbsbedingungen vom 2. Dezember 1886 verlangten für die West- und Südportale eine reichere Ausführung und eine schlichtere für die Nordportale. Das Preisgericht erkannte am 20.9.1887 Hugo Schneider den ersten Preis des Wettbewerbs zu. Bis September 1889 wurde die erste 10 m² große Tür in das Nordportal der Westfassade eingefügt (vgl. L GS 12331, L GS 12334, L GS 12335, L GS 14454 - L GS 14459, L GS 14461). Es folgten bis 1891 nach leicht modifizierten Plänen die weiteren Portale der Westfassade sowie der Südfassade. Letztere wurden während des Zweiten Weltkriegs beschädigt und durch neue Portale nach Entwürfen von Ewald Mataré ersetzt (Dehio Nordrhein-Westfalen 2005, S. 578).
Die Ausführung der Türflügel der Nordfassade wurde infolge des Wettbewerbs an den Utrechter Bildhauer Wilhelm Mengelberg vergeben (W. Geis in: Borger 1980, S. 360-368; Dehio Nordrhein-Westfalen 2005, S. 578).

Stand: September 2007 [LK]




© Hessen Kassel Heritage 2024
Datenschutzhinweis | Impressum