4.47.2 Glyptothek


Am 4. Februar 1814 wurde in München das Preisausschreiben für ein Antikenmuseum, die spätere Glyptothek, veröffentlicht. Im Text mit den genauen Anforderungen heißt es: "Dem Künstler ist freigestellt, sie mit oder ohne Säulenhalle zu entwerfen; aber Ganzes wie Teile wird im reinsten antiken Styl gefordert." Weiterhin wird nur ein Geschoß verlangt, "die Fenster rückwärts, um die Einfachheit der Facciata nicht zu stören" (Ausschreibung der Königl. baierischen Akademie der bildenden Künste vom 4. Februar 1814, zit. nach Katalog München 1980/1, S. 98). Der eigentliche Auftraggeber, der spätere bayerische König Ludwig I., hatte bereits sehr genaue Vorstellungen bezüglich des geplanten Neubaus zur Aufnahme seiner Antikensammlung entwickelt.
Johann Heinrich Wolff, der sich nach seiner Pariser Studienzeit von 1814 bis 1816 in Italien aufhielt, war 1815 in Rom mit dem englischen Architekten und Antikenforscher Cockerell zusammengetroffen, der ihn zu den Glyptotheksentwürfen animiert haben soll (Hallo 1930, S. 297). Cockerell war bereits 1814 von Haller von Hallerstein zur Teilnahme am Wettbewerb aufgefordert worden (vgl. Katalog München 1980/1, S. 133).
Die sorgfältig gezeichneten und zur Präsentation gerahmten Zeichnungen, die Jutta Schuchard im Nachlaß Wolff identifizierte (in Katalog München 1980/1, S. 470-473), erfüllen genau die Anforderungen der Ausschreibung, die "Durchschnitte und Ansichten in einem beigefügten Maaßstabe, und mit einer bis ins Einzelne gehenden Deutlichkeit" (Ausschreibung der Königl. baierischen Akademie [...] vom 4. Februar 1814, zit. nach Katalog München 1980/1, S. 98) verlangte. Ein neu identifiziertes Blatt präsentiert zudem die geforderten "Hauptprofile", Details der Säulenordnung und Türen im Inneren und Äußeren des Gebäudes.
In dem umfangreichen künstlerischen Nachlaß der Familie Wolff ließen sich zudem vorbereitende Entwurfskizzen finden. Die Friesinschrift der Hauptfassade in Wolffs Präsentationsentwurf weist die Jahreszahl 1816 auf, die Zeichnungen dürften also erst in der Verlängerungszeit des Wettbewerbs entstanden sein. Da die Blätter keinerlei Numerierungen oder "Kennverse" aufweisen, wie im Preisausschreiben gefordert, ist es allerdings mehr als fraglich, ob Wolff überhaupt am offiziellen Wettbewerb teilgenommen hat, zumal am 23. April 1816 mit der Grundsteinlegung die Entscheidung für Klenzes Bau gefallen war. R. Hallo berichtet im übrigen, daß Wolff 1816 auf dem Rückweg von Italien in München Klenze besucht und sich mit diesem zerstritten habe, da er dessen Glyptothek kritisierte (Hallo 1930/1, S. 297). Möglicherweise war dies der eigentliche Anstoß für Wolff, einen eigenen Entwurf anzufertigen.

Stand: September 2004 [UH]




© Hessen Kassel Heritage 2024
Datenschutzhinweis | Impressum