4.52.1 St. Nikolaus

Die im Jahr 1247 erstmals urkundlich genannte Nikolaikirche nimmt einen wichtigen Platz in der Architekturgeschichte Westfalens ein, da sie für eine eigenständige Umsetzung gotisch-hessische Stilelemente innerhalb der westfälischen Hallenbaukunst der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts steht. Auf der Grundlage der zentralistischen, gedrungenen Raumform der westfälischen Hallenkirchen wurden hier - angeregt durch die Bedeutung der Marburger Elisabethkirche - frühgotische Stilformen verarbeitet, die sich insbesondere bei der Gewölbebildung des Chores und der Stützen- und Gewölbebildung des Langhauses nachweisen lassen.
Der kompakte Baukörper der dreischiffigen Hallenkirche, die sich nur über zwei Joche erstreckt, ist mit dem breit gelagerten Hallentyp der Soester Hohnekirche (St. Maria zur Höhe) verwandt. Im Osten schließt ein fast quadratischer Hauptchor an. Nebenchöre sind - am Außenbau nicht sichtbar - als mauerbreite Nischen am Westende der Seitenschiffe untergebracht. Das charakteristische Merkmal des Baues ist indes der fünfseitige Westvorbau, der die Kirche in gleicher Breite wie das Mittelschiff chorartig erweitert. Über ein gestuftes Säulenportal erfolgt hier die Erschließung der Kirche in traditioneller West-Ost-Ausrichtung. Zusätzlich finden sich weitere Portale an den Längsseiten der Kirche.
Die besondere Bedeutung dieses Konvoluts besteht in der Darstellung des Westturms. Der barocke Turmhelm war im Jahr 1800 durch einen Orkan schwer beschädigt worden (im Dehio Westfalen 1986, S. 420, ist von Zerstörung die Rede, dem widerspricht jedoch die Darstellung auf Marb. Dep. II, 322) und wurde im Zuge einer umfangreichen Restaurierung in den Jahren zwischen 1878 und 1881 zusammen mit dem Langhausdach in abgewandelter Form ersetzt (Dehio Westfalen 1986, S. 420). Greiß bildete bei seiner Bauaufnahme in den 1840er Jahren den barocken Turm und die Westfront in einer Idealansicht ab, wie sie zu seiner Zeit bereits nicht mehr bestanden hat.

Stand: August 2007 [MH]