4.68.1 Schloßkapelle


Das südlich von Hildesheim gelegene Schloß Söder wurde 1742 vollendet und ab 1791 im klassizistischen Geschmack durch Friedrich Moritz von Brabeck umgebaut. 1728 geboren, schlug dieser zunächst die geistliche Laufbahn ein und wurde Domherr in Hildesheim, Münster und Paderborn, verließ aber 1785 mit einer päpstlichen Dispens den geistlichen Stand. Über Jahre hinweg trug er eine beachtliche Kunstsammlung zusammen, die nach seinem Tod 1814 verkauft wurde.
Besondere Bedeutung kommt ihm als Initiator der "Chalcographischen Gesellschaft" zu, die für die Entwicklung des Graphikmarktes in Deutschland um 1800 eine nicht zu unterschätzende Rolle spielte. Da dieses Privatinstitut Brabecks finanzielle Mittel überstieg, übernahm es 1796 Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau und wandelte es in eine Aktiengesellschaft um (Chalkographie ist ein aus dem Griechischen stammender Ausdruck für Kupferstich: "chalkos" bedeutet "Kupfer", und "graphein" heißt "schreiben", vgl. Katalog Dessau 1996).
Brabeck besuchte mehrfach Kassel, letztmals 1794. Zwei der Kasseler Hofmaler, Wilhelm Böttner und Johann August Nahl d. J., zog er zur Ausstattung seines Schlosses heran (Manuskript Schuchard/Dittscheid). Vermutlich kannte er auch Jussow persönlich, jedenfalls legte dieser ihm 1798 einen Entwurf für den Umbau der Kapelle in Söder vor. Die Datierung ergibt sich aus einem Umschlag, der sich mit den Zeichnungen im Nachlaß erhalten hat und die Beschriftung aufweist: "Entwurf zur Veränderung der Kapelle im Schlosse des Grafen von Brabeck zu Soeder. 1798."
Jussow konzipierte seine Kapelle an der Stelle der alten Kirche im Erdgeschoß der sechsachsigen Fassadenrücklage, die auf der Hofseite rechts an den Mittelpavillon anschließt. Er wollte das hohe Sockelgeschoß miteinbeziehen, so daß der Raum zwei Geschosse umfaßt hätte. Der Umbau wurde allerdings nicht realisiert (Manuskript Schuchard/Dittscheid). Die 1799 in Leipzig publizierte Abhandlung von S. S. Roland über das Schloß gibt bezüglich des Umbaus keine Hinweise und bildet den bereits von Jussow angetroffenen Zustand ab (Roland 1799).

Text übernommen aus Katalog Kassel 1999/CD-Rom [FCS]




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