8.17.1 Pantheon


Neben dem Kolosseum gehört das Pantheon zu den bekanntesten antiken Architekturen Roms. Dem ersten von Konsul Agrippa zur Verherrlichung des julischen Geschlechts errichteten Bau folgten nach zwei Brandkatastrophen Ersatzgebäude, bevor der Bau unter Kaiser Domitian 118/119 n. Chr. seine heutige Gestalt in Form einer Rotunde mit vorgelagertem Säulenportikus erhielt. Seine Erhaltung ist wie bei vielen anderen römischen Tempeln darauf zurückzuführen, daß eine Umwandlung in ein christliches Gotteshaus stattfand. Im Jahr 609 weihte Papst Bonifatius den Bau zur Kirche S. Maria ad Martyres (später S. Maria Rotonda genannt). Den wesentlichsten Einschnitt in die Baugestalt erlebte der Pantheon unter Papst Urban VIII., der die Vorhalle nach Plänen Berninis durch zwei Glockentürmchen ergänzen ließ. Seit der Renaissance galt dieser bekannteste römische Tempel als ideale Verkörperung eines Zentralbaus, der Architekten zu eigenen Interpretationen animierte, etwa Palladio zur Villa Rotonda (Katalog Kassel 1986/1, S. 89f.; Katalog Göttingen 1992, Kat. Nr. 33).
Zwölf Zeichnungen (L GS 12531 - L GS 12542 u. L GS 12554) aus dem Nachlaß Wolff entstanden als Kopien der Abhandlung über antike römische Gebäude "Les édifices antiques de Rome, dessinés et mesurés très exactement" von Antoine Desgodets (Desgodets 1682). Desgodets war auf Veranlassung Colberts 1672 nach Rom gesandt worden, um die Abweichungen und Widersprüche der bis dahin vorliegenden Aufmessungen antiker Bauten zu revidieren. Seine Darstellungen weisen ein besonderes Maß an Genauigkeit auf, was ihm in späteren Jahren den Vorwurf der Pedanterie einbrachte. Er hielt sich streng an den vorhandenen Baubestand, für dessen Abbildung er als einheitliches Maßsystem den Pariser Fuß und den Modul verwendete (Kruft 1991, S. 153f.).
Die dreizehn Einzelstudien des Baues, die hier vorliegen, sind skizzenhaft, zuweilen etwas flüchtig auf das Papier gebracht worden. Über einer die wesentlichen Details erfassenden Vorzeichnung in Graphit wurde die Hauptarbeit mit einem Pinsel in Grau ausgeführt und abschließend laviert. Während die Details nur angedeutet sind, ist die Plastizität schaffende Lavierung, die nicht sorgsam durch die Graphitumrisse begrenzt wird, mit scheinbar leichter Hand auf das Blatt gebracht worden. Damit entsprechen die Zeichnungen weniger einem nach Exaktheit und Genauigkeit strebenden Ideal einer Architekturzeichnung, sondern überzeugen vielmehr durch ihre malerische Qualität. Der Urheber der Blätter konnte nicht eindeutig identifiziert werden, da sich der Zeichenstil, der von einem versierten, sicheren Künstler zeugt, grundlegend von den anderen Zeichnungen des Wolff-Nachlasses unterscheidet. Hinsichtlich der in die Graphitzeichnung gesetzten Lavierung ergibt sich eine Verbindung zu dem Zeichenstils Johann Heinrich Wolffs, den dieser während seiner Pariser Studienzeit erlernte. Die in dieser Stilart angefertigten Blätter sind malerisch jedoch nicht so prägnant wie die vorliegenden Pantheon-Studien.

Stand: September 2004 [MH]




© Hessen Kassel Heritage 2024
Datenschutzhinweis | Impressum