11.11.5 Lüer, J. H. Wilhelm


Ein Konvolut aus 16 Blättern mit Entwurfszeichnungen, die vermutlich alle von J. H. Wilhelm Lüer angefertigt wurden, war ursprünglich Teil der kunstgewerblichen Modell- und Mustersammlung der Gewerbehalle in Kassel. Diese vom Handels- und Gewerbeverein nach 1866 gegründete Institution verwaltete die Mustersammlung als Studien- und Anregungsmaterial für die Vereinsmitglieder. Bei der Einweihung des Hessischen Landesmuseums im Jahr 1913 wurde die Sammlung dorthin hingegeben (Wegner 1987, S. 142 u. 148f.). Der Graphikbestand ist dann vermutlich dem neu gegründeten Kupferstichkabinett einverleibt worden.
Eine Reihe von Sitzmöbeldarstellungen, die die Stücke in Vorder- und Seitenansicht sowie als Konstruktionszeichnung zeigt, könnten als Studienarbeiten entstanden sein. Das Konvolut verdeutlicht, daß Lüer an neuen Konstruktionsformen interessiert war, wobei er sich ganz deutlich an dem von G. G. Ungewitter entwickelten, als "geneigte Hinterstolle" (nach Edwin Oppler, s. Kokkelink/Lemke-Kokkelink 1998, S. 478) bezeichneten Prinzip orientierte und vor diesem Hintergrund verschiedene Modelle variierte. Bei dieser besonderen Konstruktionsform ist die Rückenlehne mit dem diagonal verlaufenden hinteren Beinpaar verbunden. Zusammen mit den Vorderbeinen ergibt sich die charakteristische dreieckige Stützenform. Neben der Anregung durch die Publikationen von Ungewitter, dessen Entwurfssammlung zu gotischen Möbeln 1851/52 erschien, nahm Lüer möglicherweise direkt Kontakt zu dem an der Gewerbeschule in Kassel lehrenden Architekten auf, als er mit den Arbeiten für die Villa Wedekind beschäftigt war (s. GS 15817 u. GS 15823).
Ein weiterer Teil dieses Konvoluts besteht aus Zeichnungen, die wohl im Rahmen eines konkreten Projekts entstanden sind (z. B. GS 14724, GS 14745), dessen Identifizierung indes noch aussteht.

Stand: August 2007 [MH]




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