12.4.8 Wolff, Johann Heinrich


Die Serie von drei Blättern, zu einem - laut nachträglich weitgehend getilgter Betitelung in Graphit unter der Aufrißdarstellung L GS 15313 - "Elysium (?) oder oeffentliches Begraebnis Monument" in Grundriß, Aufriß und Schnitt, zeichnete Johann Heinrich Wolff nach einer Vorlage von Grandjean de Montigny. Dabei handelte es sich um dessen Entwurf für ein "Élysée ou cimetière public", mit dem er 1799 den "Second premier Grand Prix de Rome" der "École des Beaux-Arts" gewonnen hatte (vgl. Katalog Rio de Janeiro 1979, S. 179, Abb. 38 u. 39; Annie Jacques in: Katalog Boulogne-Billancourt 1988, S. 13-16). Wolff verwendete dabei die heute in der École nationale supérieure des Beaux-Arts de Paris aufbewahrte Version (Katalog Boulogne-Billancourt 1988, S. 12-14, Abb. 1-3), die das Bauwerk ohne die Einbettung in eine durch weitere Bauten und Anpflanzungen gestaltete Umgebung zeigt (vgl. Katalog Rio de Janeiro 1979, S. 181, Abb. 41 u. 42).
Das an antiken Grabbauten orientierte Projekt besteht aus einem mächtigen Unterbau, auf dessen Plateau eine im Umfang kleinere Kolonnadenarchitektur plaziert ist. Über diesen jeweils auf quadratischen Grundrissen geplanten Teilen folgt eine über breite Treppenläufe zu erreichende zweistufige Rotunde mit vier Portiken und Säulenkranz mit abschließender Flachkuppel. Der letztgenannte Rundbau besteht im Inneren aus einem großen überkuppelten Raum, in dem zwischen den doppelten Säulenreihen Kenotaphe der hier geehrten Persönlichkeiten aufgestellt sind. Weitere haben ihren Platz in zwei Annexräumen seitlich des Zugangs im Unterbau, mit dem ein zweiter Kuppelraum von gleicher Dimension wie der obere erschlossen ist. Die Mitte der unteren Rotunde wird durch eine große allegorische Skulptur auf einem Sockel akzentuiert, was zusammen mit den Inschriftentafeln an den Wänden auf eine Funktion als Ruhmeshalle für die in dem Bauwerk Bestatteten hindeutet.
Bei seinen Nachzeichnungen hielt sich Wolff weitgehend an die Vorlagen, der Schnitt ist allerdings seitenverkehrt wiedergegeben. Abweichend sind etwa die Darstellung eines Kuppelrings oder die Einzeichnung der bei Grandjean de Montigny weggelassenen großen Sitzfiguren auf Postamenten auf der Plattform. Auch die Projektbezeichnung übernimmt die des Vorbilds wörtlich, allerdings in deutscher Übersetzung.
Vollendet wurde jedoch nur den Aufriß (L GS 15313), der durch doppelte Randlinien und eine blaugrau lavierte Rahmung bis zur Form eines Präsentationsrisses ausgeführt wurde. Bei dem in der sorgfältigen Darstellung und Lavierung entsprechend bearbeiteten Grundriß (L GS 15319) unterblieb die Rahmung, bei dem Schnitt schließlich sogar noch das Beschneiden des Papiers. Die Gründe für den Abbruch der Arbeit an den Zeichnungen sind nicht bekannt; möglicherweise hatte Wolff beabsichtigt, das anscheinend noch in seiner Assistentenzeit bei Grandjean de Montigny in Kassel oder während seines Studiums in Paris (1812-1814) begonnene Projekt nach seiner Rückkehr nach Kassel 1816 zu vollenden und dort zu präsentieren. Für eine Entstehung in diesen Jahren sprechen eine offensichtlich nachträglich beseitigte französische Inschrift in der Aufrißdarstellung L GS 15313 sowie das in Kassel ungebräuchliche belgische Wasserzeichen "H RENOZ" der Schnittdarstellung L GS 15314, das noch einmal bei einem der 1816 entstandenen Entwürfe Wolffs für die Glyptothek in München erscheint (L GS 12263). Auch die in Deutsch gehaltenen Beschriftungen deuten auf die veränderte politische Lage nach dem Zusammenbruch des Königreichs Westphalen hin.

Stand: Mai 2005 [GF]




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