12.7.5 Müller, Leonhard


Während der Ausbildung an der kurhessischen Kunstakademie in Kassel (1815/16-1821) fertigte Leonhard Müller eine Entwurfsserie zu einem protestantischen Kirchenbau an. Die Serie von insgesamt elf Zeichnungen umfaßt Entwurfsskizzen (GS 15942, GS 15939, GS 15941, GS 15940), weiter ausgearbeitete Entwürfe (GS 15906, GS 15943, GS 15967) sowie die drei größer formatierten Blätter der Präsentationsserie, wobei der hierzu gehörende Grundriß (GS 15572) als einzige Zeichnung mit einer Datierung (1819) versehen ist. Da sich diese Serie im Müllerschen Nachlaß erhalten hat, handelt es sich möglicherweise um die nicht näher bezeichnete Akademiearbeit, für die er seinen Lebenserinnerungen zufolge mit einer silbernen Medaille ausgezeichnet wurde (Müller 1903, S. 16). Die gemeinsame Komponente aller Darstellungen ist die Zentralbaugestalt, so daß hier eine konkrete Aufgabenstellung zu vermuten ist.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts waren viele Architekten auf der Suche nach dem idealen Bautyp für den protestantischen Kirchenbau. Im Jahr 1808 hatte Friedrich Weinbrenner für die evangelische Stadtkirche in Karlsruhe einen überkuppelten Rundbau entworfen, den er mit einer Vorhalle in Gestalt einer griechisch-dorischen Tempelfront verband. Im Rahmen des Berliner Dombauprojekts entwickelte Karl Friedrich Schinkel einen überkuppelten Zentralbau. In München erarbeitete Leo von Klenze für die protestantische Kirche St. Matthäus einen Zentralbau mit kassettierter Kuppel.
Grundlage für viele dieser Planungen war das beliebte Pantheon-Motiv, dessen sich auch Müller bei seiner Konzeption bediente. So wird die äußere Gestalt der gesamten Entwürfe von dem monumentalen überkuppelten Rundbau geprägt, dem vorderseitig eine verschieden gestaltete Vorhalle vorgesetzt ist. Im Innern folgt der zweigeschossige Aufbau dem Typus der protestantischen Emporenkirche. Dabei orientierte sich Müller an verschiedenen Entwürfen von Heinrich Christoph Jussow, dessen Arbeiten unter den Schülern der Akademie aufgrund seiner Position als Direktor der Institution hinlänglich bekannt gewesen sein werden.
Auch Johann Heinrich Wolff, der ab 1819 als Assistent von Johann Conrad Bromeis im Fach Baukunst an der Kasseler Akademie lehrte, legte 1823 einen vierteiligen Idealentwurf für einen evangelischen Kirchenbau in Zentralbaugestalt vor. Möglicherweise steht dieser in einem bisher nicht bekannten Zusammenhang mit den Zeichnungen des Akademieschülers Müller.

Stand: August 2007 [MH]




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