12.12.3 Zimmermannszunft


Zum Bestand der Graphischen Sammlung gehört ein Konvolut von großformatigen Blättern mit Dachwerkkonstruktionen. Die zwischen 1770 und 1830 entstandenen Zeichnungen wurden von den Prüflingen signiert und zumeist auch datiert. Auf einigen Blättern befinden sich zudem die Unterschriften der für die Aufnahme in den Handwerksverband verantwortlichen Gilde- und Untergildemeister (lfd. Nr. 6688, lfd. Nr. 6689, lfd. Nr. 6695, lfd. Nr. 6701).
Wie die Zeichnungen verdeutlichen, bestand ein Teil der Prüfung zum Zimmermannsmeister in der Lösung einer theoretischen Aufgabe, die den Entwurf einer Dachausmittlung vorsah. Der Prüfling mußte dabei die unterschiedlichen Grundrißprojekte der Dachflächen samt ihren Durchdringungslinien aufzeichnen und die wahre Größe und Gestalt der Grate und Kehlen bzw. der Dachflächen selbst bestimmen. Da die Dachausmittlung bei gleich hohen Trauflinien und Dachflächen mit gleicher Neigung eine eher einfache Aufgabe der Projektionslehre bedeutet (Schmitt/Landsberg 1911 (1999), S. 7), wurden hier zusammengesetzte und reich gegliederte Dächerprojekte vorgegeben, die in dieser Form sicher nicht als reale Projekte angesehen werden können. Neben einfach und doppelt abgeknickten Dachflächen wurden auch polygonale Dächer mit zentralen Innenhofaussparungen verlangt, wobei vorspringende oder/und eingezogene Gebäudeteile in rechteckiger oder rundbogiger Form den Grundriß zusätzlich verkomplizieren (Schmitt/Landsberg 1911 (1999), S. 56). An diesen schwierigen Grundformen mußte der Zimmermann seine Befähigung unter Beweis stellen.

Stand: Mai 2005 [MH]




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