12.15.17 nach N. Ponce


Zum Nachlaß Wolff gehört ein Konvolut von neun Federzeichnungen auf Transparentpapier, die antikisierende Deckenverzierungen behandeln. Die in schwarzer Feder ausgeführten Zeichnungen sind nur insoweit vollendet worden, wie es zur Erfassung der Motivik vonnöten war. So wurde ein Teilbereich des rechteckigen Gesamtbildes ausgewählt, der zumeist eine Ecksituation betrifft. Die Darstellung ist auf die wichtigsten Figuren bzw. Szenen beschränkt und von der Ornamentik ist nur so viel vorhanden, daß sie zu einem geschlossenen Bild ergänzt werden kann. Zuweilen wurde dabei die getreue Nachbildung verlassen, um an einer freien Stelle die sich außerhalb des gewählten Ausschnittes befindlichen Elemente zu verzeichnen.
Die Blätter konnten als motivgetreue Nachzeichnungen der fünfzehn Deckenverzierungen identifiziert werden, die im Werk von Nicolas Ponce (1746-1831) "Arabesques antiques des Bains de Livie, et de la Ville Adrienne, avec les Plafonds de la ville-Madame, peints d'après Raphael" (Ponce 1789) den Thermen der Livia und der Villa Hadriana zugeschrieben werden. Bemerkenswert ist, daß die Zeichnungen beinahe dreimal so groß sind wie die Kupferstiche und vier der Zeichnungen in seitenverkehrter Form vorliegen. Eine andere, mit Ponce in Zusammenhang stehende Vorlage muß deshalb grundsätzlich in Erwägung gezogen werden.
Material und Zeichentechnik ließen sich nicht eindeutig einem Mitglied der Familie Wolff zuordnen. Allerdings könnte die Thematik am ehesten auf den Bildhauer und Stukkateur Johann Conrad Wolff hindeuten. Zudem ergibt sich eine Verbindung zu seiner Tätigkeit am Residenzschloß in Weimar. Teile der dortigen Deckenornamentierung entstanden nach der Vorlage des Arabeskenwerks von Ponce (Bothe 2000, S. 53 u. 62).
Einen Anhaltspunkt für die Datierung gibt das Datum 1789 als Erscheinungsjahr des Ponce-Werkes. Die Sammlung mit Arabesken ist das zweite Werk des erfolgreichen Pariser Kupferstechers, das, in den 80er Jahren des 18. Jahrhunderts veröffentlicht, archäologische Objekte behandelt. Von dem ersten, 1786 erschienenen Werk "Description des Bains de Titus" befand sich Hallo zufolge ein Exemplar mit Herausgeberwidmung in der Schloßbibliothek Wilhelmshöhe (Hallo 1931/1, S. 67, Anm. 3). Aber auch das zweite Werk war vermutlich in der landgräflichen Bibliothek vorhanden. Heinrich Christoph Jussow verwendete Motive daraus für seinen Entwurf einer Seidenwandbespannung (Potsdam, SPSG, Plankammer, Bestand Kassel XV, Nr. XXIX/70; Katalog Kassel 1999/CD-Rom, BK 38; Katalog Kassel 1999/1, S. 266, Kat.Nr. 114).
Bei der Identifizierung der einzelnen Motive muß vorausgeschickt werden, daß keine der Darstellungen aus dem 18. Jahrhundert so genau ist, daß bei einer Gegenüberstellung mit dem noch vorhandenen Bestand eine Identifizierung auf Anhieb möglich ist. Vier der Motive in dem Kupferstichwerk von Ponce sind jedoch durch den erhaltenden Bestand bzw. durch andere Abbildungen bekannt. So können die Kupferstiche 3 und 7 den Thermen der Livia auf dem Palatin zugeordnet werden. Die Deckenverzierung des Kupferstichs 2 stammt vom Apodyterium der großen Therme der Hadrianischen Villa und die Nummer 8 von deren Nymphaeum (Joyce 1989, S. 191 u. Anm. 40). Nur diese Gewölbeverzierungen sind noch erhalten und somit überprüfbar. Für die restlichen Kupferstiche ist der Forschung noch keine Zuordnung gelungen.

Stand: September 2004 [MH]




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