1.61.6.6 - Kassel, Palais Schaumburg, fünftes Projekt, Alternativentwurf zur Fassade, Aufriß



1.61.6.6 - Kassel, Palais Schaumburg, fünftes Projekt, Alternativentwurf zur Fassade, Aufriß


Inventar Nr.: L GS 13638
Bezeichnung: Kassel, Palais Schaumburg, fünftes Projekt, Alternativentwurf zur Fassade, Aufriß
Künstler: Julius Eugen Ruhl (1796 - 1871), Zeichner/-in, Entwurf
Datierung: 1836
Geogr. Bezug: Kassel
Technik: Graphit
Träger: Transparentpapier
Wasserzeichen: -
Maße: 14,7 x 33,2 cm (Blattmaß)
Maßstab: -
Beschriftungen:


Katalogtext:
Die vorliegende, in Graphit ausgeführte Entwurfsskizze zeigt eine in elf Achsen gegliederte Fassadenfront, die mit den Grundrißentwürfen der fünften Projektserie übereinstimmt. Ein kolorierter Aufriß im Hessischen Staatsarchiv Marburg (StAM P II 17410/7), der sich den Grundrißentwürfen des Marburger Depositums (Marb. Dep. 137a - Marb. Dep. 137d) zuordnen läßt, weist die vorliegende Zeichnung als Alternativentwurf aus.
Im Vergleich mit den Entwürfen der vorausgegangenen Projektserien lockerte Ruhl die streng gegliederte Fassadenstruktur durch Baudekor auf. Er schuf eine ausgewogene Aufteilung aus dreiachsigem Mittelrisalit und vierachsigen Seitenabschnitten. Breite Gurtgesimse, auf denen die Fenster direkt aufsitzen, trennen die drei Hauptgeschosse voneinander. Entsprechend dem immer wiederkehrenden, auf der Gestaltung italienischer Renaissance-Palazzi beruhenden Grundmuster findet sich in den einzelnen Geschossen eine hierarchisch gestufte Fensterrahmung mit einer alternierenden Fensterverdachung im ersten Obergeschoß und Fenstern mit Muschelverdachung im darüber liegenden Geschoß. Das obere Mezzaningeschoß wird allein durch schmale Maueröffnungen belichtet. Säulen und Pilaster in paarweiser Anordnung akzentuieren den Mittelrisalit und die Gebäudeecken der beiden Obergeschosse. Dieses Strukturelement hatte Ruhl bereits bei seiner zweiten Projektserie verwendet (s. Marb. Dep. 133f u. Marb. Dep. 133g). Als zusätzliches gestalterisches Detail betonte er das zweite Obergeschoß jetzt durch eine paarweise Aufstellung von Skulpturen. Der Entwurf im Hessischen Staatsarchiv Marburg zeigt an diesen Stellen kleine Rundbogennischen, in die Skulpturen eingestellt sind. Dort findet sich eine Betonung der Mittelachse, die die vorliegende Zeichnung möglicherweise aufgrund des unvollendeten Zustands nicht aufweist. Im Erdgeschoß wird der rundbogige Haupteingang durch eine rahmende Säulenstellung akzentuiert, die als Stütze für den Altan gleichzeitig auf die zentrale Fensteröffnung in der Beletage verweist. Für die dreiteilige Fenstergliederung mit dem von einem Segmentbogen überspannten Mittelfeld orientierte sich Ruhl am Palladio-Motiv. Mit der Doppelpilastergliederung, den alternierend angeordneten Fensterformen und den muschelförmigen Verdachungen bezog er sich auf die Fassadenentwürfe für das Ständehaus. L GS 13859 zeigt insbesondere bei der Gestaltung der unteren beiden Geschosse deutliche Übereinstimmungen.
Den oberen Fassadenabschluß bildet eine Balustrade, die im Bereich des Mittelrisalits überhöht ist. Über die Gestaltung dieser Zone kann durch die hier verlaufende Blattkante keine konkrete Aussage getroffen werden. Möglicherweise befand sich zwischen Kranzgesims und Balustrade, wie bei L GS 13637, ein Mauerstreifen mit schmalen, zur zusätzlichen Belichtung vorgesehenen Öffnungen. Auf der Zeichnung im Hessischen Staatsarchiv Marburg wird das Mittelfenster in der zweiten Etage von einem Wappenschild bekrönt und von einem Segmentbogen überspannt. Den Mittelrisalit überhöht ein aufwendiger Schmuckgiebel. Die gewölbte Dachkonstruktion, die durch den aufsteigenden Bogen am linken Rand der Darstellung angezeigt wird, veranschaulicht der Längsschnitt Marb. Dep. 137e. Diese Bedachungsform wählte Ruhl auch für den Ständehausentwurf.
Stand: August 2007 [MH]


Literatur:
unpubliziert


Letzte Aktualisierung: 08.09.2017



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