1.34.1.1 - Kassel, Klosterkaserne und Zeughaus, Bauaufnahme, Grund- und Aufriß



1.34.1.1 - Kassel, Klosterkaserne und Zeughaus, Bauaufnahme, Grund- und Aufriß


Inventar Nr.: GS 14523
Bezeichnung: Kassel, Klosterkaserne und Zeughaus, Bauaufnahme, Grund- und Aufriß
Künstler: Friedrich Wilhelm Selig (1749 - 1816), Zeichner/-in
Datierung: um 1810
Geogr. Bezug: Kassel
Technik: Graphit, Feder in Schwarz, schwarz, grau, blaugrau, blau, hellrot, rosa und grün laviert
Träger: Papier
Wasserzeichen: -
Maße: 34,5 x 46 cm (Blattmaß)
Maßstab: bezifferter Maßstab mit Maßeinheit "p:" und "p de Cassel"
Beschriftungen: oben links: "ELEVATION et PLANS de la / CASERNE de CLOSTER, de l'ARSENAL, / & des BOUTIQUES des OUVRIERS." (Feder in Schwarz)
in der Darstellung: Benennung der Bauteile und Räume (Feder in schwarz)
verso: "Museum" (Graphit)


Katalogtext:
In der Graphischen Sammlung befindet sich ein 16 Blätter umfassendes Konvolut mit Bauaufnahmen von Militärgebäuden in Kassel, die in der Zeit des Königreichs Westphalen angefertigt wurden (GS 12643, GS 13788, GS 13828, GS 14521 - GS 14526; GS 14528 - GS 14533, GS 14542, GS 14543).
Als Zeichner kann der Ingenieuroffizier Friedrich Wilhelm Selig benannt werden (Has 1913, S. 754), von dem zwar nur in zwei Fällen Signaturen vorhanden sind (GS 14531, GS 14532), dem aber aufgrund der verwandten Darstellungsweise auch die anderen Aufnahmen zugeschrieben werden können. Selig war in der 'westphälischen' Zeit Major und als Militärarchitekt in Kassel tätig. In einem wegen fehlenden Vergleichsmaterials derzeit nicht zu klärenden Umfang könnte als zweiter Verfasser Seligs Sohn Christoph (auch Christian) Wilhelm (1791-1837) in Frage kommen (Has 1913, S. 754; Woringer-Kartei), der 1812/13 ebenfalls Militärbaumeister war. Von ihm ist ein Sammelband "Plans des batimens militaires de la 1ere Division, Cahier II, leves et dessines par Christophe Guilleaume Selig, architeccte militaire adjoint l'an 1812" bekannt (Handbuch Melsungen 1935; der Verbleib des Sammelbandes ist nicht bekannt). Es ist anzunehmen, daß mit den Bauaufnahmen alle Gebäude erfaßt werden sollten, die der westphälischen Militärverwaltung unterstanden, darunter alle Torwachen der Stadt Kassel, oder das ehemalige Jagdzeughaus in Waldau (GS 14531).
Die Zeichnungen wurden offensichtlich auch noch nach der Zeit des Königreichs Westphalen verwendet, wie die mehrfach in Graphit eingetragenen Maßangaben belegen. Zu diesem Zweck paßte man die Beschriftungen zum Teil durch Überkleben der ursprünglichen Angaben über die in den Gebäuden untergebrachten Truppenteile und Einschwärzung der Hoheitssymbole oder der Initialen König Jérômes an.
Alois Holtmeyer verwendete eine Anzahl der Darstellungen im Denkmälerinventar von 1923 direkt oder als Vorlage für Umzeichnungen (vgl. Holtmeyer 1923, Taf. 77, 88, 321, 323, 324).
Die vorliegende Darstellung zeigt die am nordwestlichen Rand der Kasseler Altstadt nebeneinanderliegenden Bauten des Zeughauses ("Arsenal") und der sog. Klosterkaserne. Letztere war aus dem 1527 aufgelösten Ahnaberger Kloster entstanden, das lange Zeit für Lagerzwecke und als fürstlicher Pferdestall genutzt worden war und schließlich ab 1763 zur Unterbringung der Pferde und Mannschaften der Militäreinheit Garde du Corps und der Artillerie diente. Nach der 1797 erfolgten Verlegung der Gardeeinheit in die ursprüngliche Gens d'armes-Kaserne (vgl. GS 14525) blieb das alte Kloster allein der Artillerie vorbehalten. Das alte Gebäude wurde noch bis zu seinem Abbruch 1879 von hessischen und preußischen Militäreinheiten belegt (Has 1913, S. 256, Anm. 1; Holtmeyer 1923, S. 140).
Kaserne und Zeughaus sind im Grundriß entsprechend ihrer realen Lage wiedergegeben, während die dargestellten Aufrisse der jeweiligen südlichen Fassaden etwas näher aneinandergerückt sind. Die Grundrisse zeigen das aus einem einzigen Raum bestehende und überwölbte Erdgeschoß des Zeughauses, die aus Fachwerk bestehenden Nebengebäude und in der Klosterkaserne die Ställe im Erdgeschoß und die im ersten Obergeschoß liegenden Mannschaftsunterkünfte in allen Einzelheiten. Ein im Grundriß markierter ergänzender Schnitt durch das Zeughaus und das den Schmieden und Stellmachern dienende Nebengebäude läßt die unterschiedlichen Geländehöhen zwischen Zeughaus und Kaserne erkennen. Eine am nördlichen Ende des Arsenals befindliche brückenartige Konstruktion, die in anderen Darstellungen, so auch in GS 14524, nicht vermerkt ist, dürfte dem leichteren Transport schwerer Güter in das erste Obergeschoß gedient haben.
Die aus einem weißlichen Fassadenton mit rötlichen bzw. grauen Gliederungselementen bestehende Farbfassung der beiden aus Stein errichteten und verputzten Gebäudekomplexe ist eine wichtige Quelle zur Baugeschichte wie auch zur Kenntnis historischer Farbgebung des ausgehenden 18. Jahrhunderts. Während die bei Holtmeyer erwähnten Steintafeln mit Wappen und Nennung des Landgrafen Wilhelm IV. fehlen (vgl. die Aufrisse GS 15658 und GS 15659 aus dem 19. Jahrhundert), sind an der zum Töpfenmarkt ausgerichteten Hauptfassade des Zeughauses das Relief mit der Halbfigur des Landgrafen Wilhelm IV. sowie die 1766 unter Landgraf Friedrich II. neugestalteten Portale mit den segmentbogigen Giebeln zu sehen. Auch hier wurde nicht versäumt, die Wappen nachträglich mit schwarzer Farbe zu überdecken. Die Bogenfelder zeigen seitlich der bekrönten Wappen Fahnen, obwohl hier 1766 die Initialen F.L.Z.H. angebracht worden waren. Das reiche Gitterwerk der Portaloberlichter, von denen eines im Stadtmuseum Kassel aufbewahrt wird, ist in der Zeichnung durch eine schlichte Vergitterung ersetzt.
Stand: September 2004 [GF]


Literatur:
Has 1913, Abb. gegenüber S. 312; Holtmeyer 1923, S. 141, Taf. 88,2; Krüger/Mueller 2004, S. 22f.


Letzte Aktualisierung: 20.09.2017



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