1.70.2.2 - Kassel, Garnisonkirche, Umbauentwurf, Grundriß



1.70.2.2 - Kassel, Garnisonkirche, Umbauentwurf, Grundriß


Inventar Nr.: GS 14604
Bezeichnung: Kassel, Garnisonkirche, Umbauentwurf, Grundriß
Künstler: unbekannt
Datierung: 1831 (nach)
Geogr. Bezug: Kassel
Technik: Feder in Schwarz, Braun und Rot
Träger: Papier
Wasserzeichen: Krone über Wappenschild mit Lilie
Maße: 36,5 x 48,3 cm (Blattmaß)
Maßstab: zwei bezifferte Maßstäbe mit Maßeinheit "Fuss" und "m" (später hinzugefügt)
Beschriftungen: oben mittig: "Grundriss / von der Hof- und Garnisons-Kirche / zu Cassel" (Feder in Schwarz)
oben mittig: "Erdgeschoß im gegenwärtigen Zustand." (Graphit)
oben rechts: "7,6" (Graphit)
oben rechts: "B." (Feder in Braun)
unten rechts: "v.dt Sallmann" (Feder in Braun)
in der Darstellung: "Horn'sche Besitzung."; "Martini-Strasse."; "Cölln'sche Strasse." (Feder in Schwarz)
unten links: "Fenster Höhe Breite. / Osten" (Graphit)
in der Darstellung: Zahlen und Anmerkungen (Graphit)
verso: "235" (Graphit)
verso: "67" (Farbstift in Schwarz)


Katalogtext:
Das mit einem "B" in der rechten oberen Ecke gekennzeichnete Blatt mit einem Grundriß der Garnisonkirche gehört zu einer Zeichnung mit dem Aufriß der Kirchensüdseite (GS 14605) und thematisiert einen geplanten Umbau zur Verbesserung der Belichtung des Kircheninnern. Dem eigentlichen Titel "Grundriss der Hof- und Garnisons-Kirche zu Cassel" ist von anderer Hand die Notiz "im gegenwärtigen Zustand" hinzugefügt worden. Das von einem unbekannten Zeichner angefertigte Blatt trägt einen Sichtvermerk Friedrich Carl Siegmund Sallmanns, der seit 1831 den Posten eines Baukondukteurs bei der Oberbaudirektion in Kassel innehatte (Bidlingmaier 2000, S. 100) und damit für die Garnisonkirche zuständig war. 1851 übernahm Landbaumeister August Eggena dann diese Funktion.
Wie aus der Zeichnung hervorgeht, war entsprechend der Achseneinteilung der Nordseite auch eine Durchfensterung der Südseite geplant. In Höhe des Erdgeschosses betraf dies die drei östlichen Achsen und die sich östlich an das Turmjoch anschließende Achse. Das Projekt umfaßte auch die den Seiteneingang flankierenden Fenster, die in Form von Werksteinrahmungen zwar angedeutet, aber nicht geöffnet waren. Wie eine Bauuntersuchung des Freien Instituts für Bauforschung und Dokumentation e. V. ergab, waren diese Fenster bereits als Scheinfenster geplant (s. den unveröffentl. Arbeitsbericht Bauhistorische und archäologische Untersuchung der Garnisonkirche zu Kassel, Teil I, Oktober 1988, S. 241 im Stadtmuseum Kassel), da die Öffnung des Mauerwerks an dieser Stelle vermutlich aufgrund der engen Bebauung wohl als nutzlos erachtet wurde. In der Zeichnung sind die vom Umbau betroffenen Mauerabschnitte zur Hervorhebung in roter Tinte markiert. Die schwarzen Schraffuren wurden vermutlich später hinzugefügt und kennzeichnen den im Titel angezeigten "gegenwärtigen Zustand".
Konkrete Maßnahmen zur besseren Belichtung des Kirchenraums gehen in die 20er Jahre des 19. Jahrhunderts zurück, als das Kurfürstliche Konsistorium den Abbruch einiger Erker des an die Kirche stoßenden Hornschen Hauses und gleichzeitig die Vergrößerung der Kirchenfenster veranlaßte. Durch einen an der Barackenstraße geplanten Neubau des Lithographen Horn zwischen Garnisonkirche und Gundlachscher Besitzung ist die Belichtung der Kirche 1838 erneut thematisiert worden. Die Genehmigung zum Bau wurde nicht erteilt, da durch dieses Projekt auch die restlichen Obergeschoßfenster im Südwesten zugebaut worden wären. Verhandlungen mit Horn erwirkten dagegen den Abbruch seines Hinterhauses. Um 1850 wurden im Untergeschoß der früher zur Hornschen, nunmehr zur Schröderschen Besitzung ausgerichteten Kirchenlängsseite zwei neue Fenster geplant bzw. die den Seiteneingang rahmenden, bisher vermauerten Fenster für eine Öffnung vorgesehen. Im Obergeschoß sollte das an das Turmjoch anschließende Fenster erweitert werden. Das Anlegen eines mit diesem im Untergeschoß korrespondierenden Fensters wurde dagegen abschlägig beschieden, da sich hier die vom Erdgeschoß auf die erste Emporenbühne führende Treppe befand. 1852 wurden auf Anordnung des Oberbaurates Ritz die entsprechenden fünf Maueröffnungen der Kirchensüdmauer angelegt, die auch in die Planung des vorliegenden Entwurfs einbezogen waren (StAM Best. 315e, III, 3, Kassel, Hofgemeinde).
Das Blatt präsentiert neben den Planungen an der Kirchensüdseite auch eine veränderte Erschließungssituation der Kirche. Im August 1835 beantragte der Oberbaumeister Engelhard beim Kurfürstlichen Konsistorium die Verlegung der Freitreppe vor der Garnisonkirche zur Martinistraße hin in die Vorhalle der Kirche (StAM Best. 315e, III, 3, Kassel, Hofgemeinde). Die anschließend angelegte zehnstufige Treppe innerhalb des Windfangs zeichnet sich hier dunkler ab und ist der Darstellung offensichtlich später hinzugefügt worden. Die Freitreppe zur Martinistraße und die beiden Treppen an der Nordseite wurden in diesem Zusammenhang nachträglich durchgestrichen. Aus einer späteren Zeit stammen ebenfalls die in Graphit ausgeführten Sitzplatzzahlen in den einzelnen Teilen der Kirche und die Breite der Kirchenbänke in Meterangaben mit einem entsprechenden Maßstab, der den ursprünglichen Fußmaßstab ersetzte. Die Turmhalle und die quadratischen seitlichen Nebenräume haben im unteren Geschoß keine Öffnung zum Kirchenraum. Im südlichen, an den Turm anschließenden Mauerabschnitt ist ein geplanter Mauerdurchlaß jedoch verzeichnet.
Auffällig ist der überdimensionierte Nordpfeil, der quer über das Blatt und seine Darstellung gezogen wurde. Dieses Detail findet sich auf einem weiteren Blatt mit dem Schnitt durch die Garnisonkirche auf Emporenhöhe wieder (GS 14606), das auch hinsichtlich der Beschriftung Ähnlichkeiten aufweist.
Stand: September 2004 [MH]


Literatur:
unpubliziert


Letzte Aktualisierung: 20.09.2017



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