1.67.2.36 - Kassel, Martinskirche, Entwurf für die Chorfenster, Aufriß



1.67.2.36 - Kassel, Martinskirche, Entwurf für die Chorfenster, Aufriß


Inventar Nr.: L GS 14655
Bezeichnung: Kassel, Martinskirche, Entwurf für die Chorfenster, Aufriß
Künstler: Hugo Schneider (1841 - 1925), Architekt/-in
Datierung: 1892
Geogr. Bezug: Kassel
Technik: Feder in Schwarz und Braun, koloriert
Träger: Papier
Wasserzeichen: -
Maße: 65,6 x 90,1 cm (Blattmaß)
Maßstab: bezifferter Maßstab mit Maßeinheit "M.", "1:20"
Beschriftungen: oben rechts: "ST. MARTINSKIRCHE ZU CASSEL. / ENTWURF ZU DEN CHORFENSTERN." (Feder in Braun)
in der Darstellung: "No. III. / NORDSEITE"; "No. II. / NORDSEITE", "No. I. / MITTELFENSTER / (grösstentheils verdeckt durch das / Monument PHILIPP's des GROSSMÜTHIGEN)"; "No. IV. / SÜDSEITE"; "No. V. / SÜDSEITE"; No. VI. / SÜDSEITE" (Feder in Braun)
in der Darstellung: "ENTW. U. GEZ. V. / H. SCHNEIDER. / CASSEL 1892." (Feder in Braun)


Katalogtext:
Schneider stellte auf diesem Blatt eine Reihe von Entwürfen für die Neugestaltung der Chorfenster der Martinskirche zusammen. Die Maßwerkeinteilung aller sechs Chorfenster und der Verlauf der Windeisen ist angezeichnet, soweit diese vom Innenraum aus wahrnehmbar waren. Das Chormittelfenster ist nur im oberen Drittel ausformuliert, da das Grabmal Philipps des Großmütigen und seiner Gemahlin Christine von Sachsen damals noch im Chorscheitel stand und die unteren Partien des Fensters verdeckte. Die drei Fenster der Südseite des Chores und das Chormittelfenster sind sehr detailliert angelegt und koloriert, die beiden Fenster der Nordseite haben keine vergleichbar detaillierte Ausgestaltung erfahren: Teile des figürlichen Schmuckes sind in Umrissen ausgeführt, auf Architekturteile und Ornamente verzichtete Schneider bei diesen Darstellungen.
Während das dreibahnige Fenster im Chorhaupt Christus in einer leuchtend gelben Mandorla mit Segensgestus und Buch des Lebens vor blauem Grund zeigt,, flankiert von jeweils zwei Engeln mit den Leidenswerkzeugen, sind die übrigen Chorfenster nur im unteren Drittel figürlich gestaltet. Am unteren Rand der Fenster erscheinen an der Südseite Engel mit Wappen oder Schriftbändern unter reich ausgezierten, von Fenster zu Fenster variierten Gesprengen, darüber jeweils drei stehende Heilige oder Propheten unter Baldachinen. Die oberen Teile der Fenster und die Maßwerkornamente im Bogen sind rein ornamental und teils mit weiteren Schriftbändern gestaltet; die Farbigkeit der Fenster ist in diesen ornamentalen Teilen stärker zurückgenommen, so daß viel Licht in den Chorraum eintreten kann. Für die Fenster der Nordseite dürften über den Figuren ähnliche Ornamente und ebenfalls Baldachine, deren unterer Umriß bereits eingetragen ist, vorgesehen gewesen sein; auch Engelsdarstellungen am unteren Rand der Fenster sind hier anzunehmen, denn auf den Wappen und Schriftbändern sah Schneider vor, die Dargestellten zu benennen.
Zur Darstellung ausgewählt waren von Nordwesten nach Südwesten: Daniel, David und Ezechiel, Jesaia, Moses und Jeremias, Matthäus, Paulus und Markus, Lukas, Petrus und Johannes sowie im letzten, nur zweibahnigen Fenster Johannes der Täufer und Stephanus. Damit waren neben König David die bedeutendsten Propheten des Alten Testaments, die Evangelisten und Apostelfürsten sowie Johannes der Täufer als Verwandter und Vorläufer Christi und Stephanus als erster Märtyrer der Kirche im Bildprogramm vorgesehen, wobei Alter Bund (Nordseite) und Neuer Bund (Südseite) deutlich voneinander geschieden sind.
Der Entwurf steht im Zusammenhang mit Überlegungen der Gemeinde, im Kontext der Instandsetzung der Martinskirche auch die damals schon seit langem geforderte Neuverglasung der Fenster im Chor und im Langhaus anzugehen (Walter 1994, S. 164). Die Neuverglasung sollte farbig erfolgen, was den Charakter des Kirchenraums verändert hätte, da die Fenster zuvor überwiegend mit klaren Scheiben verschlossen waren. Zwischen 1889 und 1892 realisierten die Brüder Ely aus Wehlheiden die neuen Fenster unter Wiederverwendung von gereinigten Teilen der früheren Verglasung (Walter 1994, S. 164). Die Fenster im Langhaus waren sämtlich Stiftungen der hessischen Ritterschaft, der evangelisch-reformierten Pfarrer Hessens, der Stadt Kassel sowie einiger Kasseler Bürger, Firmen und Vereinigungen; die Chorfenster stiftete der preußische Staat (Walter 1994, S. 164f.).
Im Zweiten Weltkrieg wurden die Fenster vollständig zerstört.
Stand: September 2007 [LK]


Literatur:
unpubliziert


Letzte Aktualisierung: 08.09.2017



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