12.2.13.34 - Entwurf zu einem kreisförmigen Volksgarten, Grund- und Aufriß



12.2.13.34 - Entwurf zu einem kreisförmigen Volksgarten, Grund- und Aufriß


Inventar Nr.: L GS 15179
Bezeichnung: Entwurf zu einem kreisförmigen Volksgarten, Grund- und Aufriß
Künstler: Johann Heinrich Wolff (1792 - 1869), Zeichner/-in
Datierung: um 1813
Geogr. Bezug:
Technik: Graphit, Feder in Schwarz, grau, braun, blau, grün und rosa laviert
Träger: Papier
Wasserzeichen: "J. KOOL / & / COMP"
Maße: 60,2 x 44,1 cm (Blattmaß)
Maßstab: -
Beschriftungen: oben rechts: "Bl. 254." (Feder in Rot)


Katalogtext:
Das vorliegende Blatt zeigt eine kreisförmig strukturierte Anlage, die vermutlich für eine Nutzung als Volksgarten gedacht ist. Johann Heinrich Wolff erarbeitete den unvollendet gebliebenen Entwurf während seines Studiums an der Pariser "École d'Architecture". Auf diesen Entstehungshintergrund deutet zunächst die modellhaft idealisierende Entwurfsform, die für die akademischen Architekturzeichnungen dieser Zeit typisch ist. Ein weiteres Charakteristikum findet sich in der Zweckbestimmung der Architektur. Die Französische Revolution hatte mit ihrem reformierten Gesellschaftsmodell den Weg frei gemacht für eine Reihe neuartiger Bauaufgaben, die auf die verschiedenen Lebensbereiche des politisch aufstrebenden Bürgertums hin ausgerichtet waren.
Auf einem wohl künstlich aufgeschütteten Hügel ist ein Gebäude mit Zeltbedachung plaziert, das rückseitig drei schmale Raumteile in Halbkreisform zeigt und sich vorderseitig mittels einer doppelten Pfeilerreihe zu einer Kreisform ergänzen läßt. Da die Pfeilerstellung auf die innere Mauer bezogen ist, entstehen seitlich schmale Mauerfelder, die eingenischten Figuren mit vorgelagerten Wasserbecken Platz bieten. Die Wasserbecken an der Innenmauer bereichern eine Wasserinszenierung, die schon durch die Außenanlage vorbereitet wird. Die Erschließung des Hügels erfolgt durch achsensymmetrisch angelegte Stufenanlagen, von denen die vorderseitige von Kaskaden flankiert wird. Am Fuß des Hügels befindet sich ein Wasserlauf (Kanal), zu dem das Gelände amphitheatrisch abfällt. Der eigentliche, ebenfalls halbkreisförmig strukurierte Gartenbereich erstreckt sich hinter dem Rundbau. Laubengänge, die sich an zwei Stellen zu halbkreisförmigen Plätzen erweitern, umgeben vier Rasenkompartimente.
Das Grundrißschema des zentralen Gebäudes geht auf die Konstantinsthermen zurück, die J. N. L. Durand von Piranesi übernahm und in seiner Sammlung antiker und moderner Architekturen vorstellte (Durand/Legrand 1842 (1986), Taf. 32). Für den Entwurf eines Marktes mit Vergnügungsstätten entwickelte Durand einen thelosartigen Bau mit Säulenkranz und Zeltbedachung. Dieser Entwurf war vorbildhaft für Clemens Wenzeslaus Coudray, der sich als Meisterschüler Durands am Grand Prix-Wettbewerb des Jahres 1804 mit einer Volksgartenanlage beteiligte (Dolgner 1983, Abb. S. 47). Die rechteckige Anlage mit rundem Tanzpavillon, den ein Säulenkranz und ein kegelförmiger Dachabschluß prägen, wird auf einer tiefergelegenen Ebene von einer Pergola umschlossen. Auch Klenze ließ sich von dieser Architektur beeinflußen, als er zwischen 1803 und 1805 seinen Entwurf für einen Jahrmarkt ausarbeitete (Katalog München 2000, Abb. 5.3).
Im Gegensatz zu dem kolorierten Grundriß ist der Aufriß in der Graphit-Vorzeichnung verblieben. Das Blatt weist wie eine Reihe in Paris bearbeiteter Blätter das Wasserzeichen "J. KOOL & COMP" auf (s. a. L GS 15225: Entwurf für eine Villa mit Kaskaden; L GS 15242: Entwurf für ein Verwaltungsgebäude).
Stand: September 2004 [MH]


Literatur:
unpubliziert


Letzte Aktualisierung: 08.09.2017



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