2.3.17.12 - Kassel-Wilhelmshöhe, Schloß, Corps de Logis, Entwurf zur Decke des großen Salons der Beletage (Raum 56), Untersicht



2.3.17.12 - Kassel-Wilhelmshöhe, Schloß, Corps de Logis, Entwurf zur Decke des großen Salons der Beletage (Raum 56), Untersicht


Inventar Nr.: GS 5780
Bezeichnung: Kassel-Wilhelmshöhe, Schloß, Corps de Logis, Entwurf zur Decke des großen Salons der Beletage (Raum 56), Untersicht
Künstler: Heinrich Christoph Jussow (1754 - 1825), Architekt/-in
Datierung: um 1800
Geogr. Bezug: Kassel-Wilhelmshöhe
Technik: Graphit, Feder in Grau
Träger: Papier
Wasserzeichen: keine Angabe
Maße: 48,1 x 66,4 cm (Blattmaß)
Maßstab: -
Beschriftungen: unten links: "Herbst" (Graphit)
unten rechts: "Sommer" (Graphit)


Katalogtext:
Die Decke ist als Spiegelgewölbe gestaltet. Die Voute ist mit diagonal gestellten Kassetten überzogen, deren Fläche von Grotesken unterbrochen werden. Da die Decke im Grundriß dargestellt ist und die Wandschnitte keine Profile erkennen lassen, ist anzunehmen, daß die Ornamente aufgemalt und nicht stuckiert werden sollten (Manuskript Schuchard/Dittscheid).
Eine Besonderheit ist die Einlassung der drei Deckengemälde von Adriaen van der Werff (1659-1722), der "Flora mit Putten" (284 x 189 cm) in der Mitte des Deckenspiegels, den "Vier schwebende Putten" (394 x 196 cm ) rechts und den "Drei schwebenden Putten" (387 x 190 cm) links. Landgraf Wilhelm VIII. von Hessen-Kassel erwarb die Gemälde nach 1749 (Gaehtgens 1987, S. 122 und zu den Datierungsfragen S. 233). Erst ab 1753 waren sie nachweislich in der Kasseler Akademie gehängt (Schnackenburg 1996, S. 322f.). Offenbar schätzte Wilhelm IX. diese Gemälde besonders und plante deshalb anfangs, sie zur Dekoration des Großen Saales zu benutzen.
Bei GS 5772 ist bereits die Gestaltung des "Saloon" im Buckingham House in London (Harris 1970, Abb. 117) von Chambers (nach 1762) als Vergleich herangezogen worden, weil hier die Kassettierung der Vouten in ähnlicher Form auftritt wie die geometrische Aufteilung des Spiegels. Weiter läßt sich die Deckengestaltung der Hadrians-Villa bei Tivoli heranziehen, die eine sehr ähnliche Aufteilung zeigt. Bei Jussow wie bei der Villa Hadriana sind die rechtwinklig geführten Bänder an den Kreuzungspunkten hervorgehoben ornamentiert. Hier wie dort sind zwei Bänder parallel gezogen und rahmen ein längsrechteckiges Feld mit Figuren oder Ornamenten. Das antike Vorbild könnte Jussow über die Publikation Piranesis von 1778 "Vasi, candelabri, cippi, sarcofagi" vermittelt worden sein. Eine Rezeption der römischen Kaiserarchitektur wäre für den landgräflichen Salon um 1800 ikonographisch mit einem sehr hohen Anspruch verknüpft, der 1803 durch die Kurfürstenwürde auch eingelöst wurde.
Ob Jussows Entwurf ausgeführt wurde, ist unbekannt, da der Saal bis auf die Türen und Pilaster unter Kurfürst Wilhelm II. neu gestaltet wurde und dabei ein tonnenförmiges Gewölbe erhielt (Manuskript Schuchard/Dittscheid).

Text übernommen aus Katalog Kassel 1999/CD-Rom [HPG]


Literatur:
  • Lange, Justus: From Rotterdam to Kassel. The Fate of Adriaen van der Werff's 'Garden Room'. In: Meijer, Fred G. u.a. [hrsg.]: Art Stories from the Netherlands and Italy, 1550-1800. Liber amicorum in Honour of Gregor J.M. Weber (2023), S. 229-238, S. 224.


Letzte Aktualisierung: 09.04.2015



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