12.10.1.5 - Entwurf für zwei Stühle, perspektivische Ansicht

Katalogtext:
Der vorliegende Entwurf zeigt ein Polsterstuhlmodell mit und ohne Armlehnen im historistischen Stil. Der Stuhl ist als mobiles Möbel auf Rollen gesetzt, die sich unter den gedrechselten Vorderbeinen und den hinteren, leicht ausgestellten Hinterbeinen befinden. Die gedrehte Form folgt vermutlich barocken Vorbildern und wird sowohl von den Armstützen wie von den seitlichen Rahmenteilen der halbgepolsterten achteckigen Rückenlehne wieder aufgenommen. Kleine Knäufe und ein Blattornament sind hier als bekrönende Elemente ausgeführt und gehen wohl ebenso wie die Zierform in Gestalt eines Muschelornaments an der vorderseitigen Zarge auf Vorbilder aus der Renaissance zurück. Ebenso wie bei den Möbeln auf Marb. Dep. 100h und Marb. Dep. 100i hängt eine lange Fransenborte, die als ein Rückgriff auf mittelalterliche Gestaltungsmuster zu deuten ist (s. die Gestaltung von Antependien und Velen), vom kantigen Armpolster herab.
Polsterstühle ähnlichen Typs mit hohen Rückenlehnen und gedrechselten senkrechten Schenkeln, Armstützen mit Fransengehängen und gedrechselten Fußstegen gehörten zu einer modernen Zimmerausstattung vieler fürstlicher Häuser der Zeit zwischen 1830 und 1860. Verschiedene Stücke werden durch die Erinnerungsalben mit Zimmerbildern dokumentiert. Als Beispiele seien genannt: das Schlafzimmer des Prinzen Wilhelm und der Prinzessin Marianne aus dem Haus Hessen-Homburg im Berliner Schloß (Katalog Eichenzell 2004, S. 53, Kat.Nr. 10b), das Erkerzimmer des Schweriner Schlosses (Katalog Eichenzell 2004, S. 169, Kat.Nr. 57) und das Blaue Zimmer im Darmstädter Prinz-Carl-Palais (Katalog Eichenzell 2004, S. 171, Kat.Nr. 58).
Stand: August 2007 [MH]