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4.14.1.1 - Bremen, Domplatz, Wettbewerbsentwurf für einen Brunnen, perspektivische Ansicht



4.14.1.1 - Bremen, Domplatz, Wettbewerbsentwurf für einen Brunnen, perspektivische Ansicht


Inventar Nr.: L GS 18285
Bezeichnung: Bremen, Domplatz, Wettbewerbsentwurf für einen Brunnen, perspektivische Ansicht
Künstler: Hugo Schneider (1841 - 1925), Zeichner/-in
Datierung: 1895
Geogr. Bezug: Bremen
Technik: Graphit, Feder in Schwarz
Träger: Papier auf Papier auf Gewebe
Wasserzeichen: nicht ermittelbar
Maße: 100,3 x 77,8 cm (Blattmaß)
89,2 x 66,4 cm (Darstellungsmaß)
Maßstab: bezifferter Maßstab ohne Maßeinheit
Beschriftungen: oben rechts: "BLATT 2." (Feder in Schwarz)
unten rechts: "H. Schneider 1895" (Feder in Schwarz)


Katalogtext:
1895 beteiligte sich Schneider an einem Wettbewerb zur Gestaltung eines Brunnens für den Domplatz in Bremen. Dazu sind in seinem Nachlaß noch ein Skizzenblatt (vgl. L GS 14463) und der vorliegende Aufriß erhalten, letzterer als "BLATT 2" einer ursprünglich mindestens Grundriß und Ansicht, eventuell auch einen Schnitt und einen Lageplan umfassenden Serie von Präsentationsrissen. Als Kennzeichen für den anonym zu bewertenden Entwurf wählte Schneider kein Motto, sondern ein Signet (in der linken oberen Ecke): drei Weinrömer, die mit ihren Öffnungen aneinander stoßen, in einem Kreis, dahinter einen Schlüssel. Erst nach Abschluß des Wettbewerbs, in dem er einen 2. Preis erhielt, signierte Schneider das Blatt mit Graphit, wie gewöhnlich unten rechts. Der Brunnenentwurf wurde nicht realisiert.
Der Brunnen erhebt sich auf quadratischem Grundriß in der Mitte eines flachen polygonalen Beckens, zu dem drei Stufen hinaufführen. Das Sockelgeschoß ist durch Bögen aufgebrochen, vor die diagonal abgearbeiteten Ecken ist jeweils eine Säule mit Blattkapitell gelegt, die ein Delphin umspielt. Aus den Nüstern der Tiere quillt Wasser in hohen Strahlen hervor. Die Säulen tragen außerdem Kämpferplatten, auf denen schreitende Löwen platziert sind. Auch sie dienen als Wasserspeier; es tritt aus dünnen Röhrchen in ihrem Maul aus und fällt herunter in das Becken.
Dickere, mit Schaftring und toskanischen Kapitellen versehene Säulen sind jeweils mittig vor die Bogenöffnungen im Sockel gestellt und stützen halbrunde Brunnenschalen. In deren profilierten Rand sind kleine Löwenköpfchen als Wasserspeier eingearbeitet.
Das Hauptgeschoß des Brunnens nimmt eine gotische Baldachinarchitektur ein. Diese wird durch vier diagonal gestellte Pfeiler, die, von Fialen begleitet, in eine Standfläche für Löwen als Wappenhalter auslaufen, und von einer zentralen Säule mit korinthisierendem Kapitell getragen. Zwischen den Pfeilern und der Säule spannt sich ein Rippengewölbe, spitzbogige Öffnungen, die von einem in einer Kreuzblume auslaufenden Kielbogen gerahmt werden, geben den Blick auf vier Knaben mit Gießgefäßen frei, die sich, auf gedrungenen Säulchen stehend, um die Mittelsäule scharen. Drei von ihnen sind in der Ansicht sichtbar. Das Thema des Brunnens ist wohl die Weser mit ihren Quell- und Zuflüssen, denn unter jenem Knaben, der dem Betrachter zugewandt ist, steht zu lesen: "Fons Fuldae" (Quelle der Fulda). Welche weiteren Flüsse für das Programm ausgewählt waren, ist nicht bekannt; anzunehmen ist aber, daß auch die Werra als zweiter Quellfluß berücksichtigt war.
Den Eckpfeilern des Baldachins sind Figuren vorgelagert, die auf kleinen Postamenten über den wasserspeienden Löwen stehen und von Baldachinen überfangen werden. Dabei handelt es sich um allegorische Frauengestalten, die beiden sichtbaren halten Boote bzw. ein Ruder in ihren Händen.
Oberhalb des Hauptgeschosses, das durch einen flachen Zinnenkranz zwischen den Pfeilerendigungen abgeschlossen wird, erhebt sich über einem niedrigen, mit Blendmaßwerk verzierten Geschoß ein steinerner Turmhelm, dessen Kanten mit Krabben besetzt sind. Vier kleine Fialen mit Kreuzblumen begleiten ihn. Auf der Spitze des Helmes steht die Figur eines geharnischten Ritters mit einer als Wetterfähnchen ausgestalteten Hellebarde und einem Schild, das das Wappen der Hansestadt Bremen zeigt.
Die Architektur des Baldachins wie des Turmhelms besteht zwar aus klaren neogotischen Formen, der Brunnen wirkt stilistisch jedoch uneinheitlich. Der Sockel weist neben neoromanischen Einflüssen Formen der Revolutionsarchitektur auf; der Figurenschmuck reicht von einem starken Renaissance-Einfluß (Delphine, Löwen, Ritter) mit klassizistischen Zügen (Frauengestalten) bis hin zu Tendenzen zum Jugendstil (Knaben mit den Gießgefäßen).
Stand: September 2007 [LK]


Literatur:
unpubliziert


Letzte Aktualisierung: 08.09.2017



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