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3.44.9.3 - Hanau, Schloß Philippsruhe, Weißer Saal, Entwurf zur Wanddekoration, Aufriß und Schnitt



3.44.9.3 - Hanau, Schloß Philippsruhe, Weißer Saal, Entwurf zur Wanddekoration, Aufriß und Schnitt


Inventar Nr.: GS 8103
Bezeichnung: Hanau, Schloß Philippsruhe, Weißer Saal, Entwurf zur Wanddekoration, Aufriß und Schnitt
Künstler: Johann Conrad Bromeis (1788 - 1855), Architekt/-in, Entwurf
Franz Georg Philipp Schulz (1797 - 1892), Zeichner/-in, Ausführung
Datierung: 27.03.1829
Geogr. Bezug: Hanau
Technik: Graphit, Feder in Schwarz, koloriert
Träger: Papier
Wasserzeichen: "J WHATMAN"
Maße: 44 x 70,3 cm (Blattmaß)
40,8 x 66,7 cm (Darstellungsmaß)
Maßstab: bezifferter Maßstab mit Maßeinheit "fus Cassl:"
Beschriftungen: oben mittig: "Decoration / der langen Wand nach dem Garten im Stukk-Saal / des kurfuerstlichen Lustschlosses Philippsruhe." (Feder in Braun)
unten links: "1." (Graphit)
unten links: "267/1926" (Graphit)
unten rechts: "Schulz 27/3 29." (Feder in Braun)
in der Darstellung: "Allerhöchst genehmigte Probe für den großen Stuksaal / Allerhöchst genehmigte Probe für die 2 Eckkabinets oder kleinen Speisesaal." (Graphit)
verso: "267/1926" (Feder in Schwarz)
verso: "Kasten II P" (Graphit)
verso: "Kasten II P" (Graphit) "CARL RIEHL / HOFTAPEZIERER / CASSEL"


Katalogtext:
Das als "Decoration / der langen Wand nach dem Garten im Stukk-Saal / des kurfuerstlichen Lustschlosses Philippsruhe" betitelte Blatt aus dem Nachlaß des Hoftapezierers Carl Riehl zeigt einen Wandausschnitt des im südlichen Verlängerungsfügel gelegenen Festsaals.
Nach einem Entwurf von Julius Ludwig Rothweil entstand ab 1701 für den Grafen Philipp Reinhard von Hanau das um einen Ehrenhof angelegte Schloß. 1703 wurden eingeschossige Verlängerungsflügel mit Eckpavillons errichtet, wobei die Galerie im südlichen Teil die nicht kälteresistenten Orangen- und Zitronenbäume aufnehmen sollte (Hoffmann 2001, S. 16). Durch den Bau einer eigenständigen Orangerie an der Nordwestecke des Parks stand dieser Raum für eine andere Nutzung zur Verfügung. Konkrete Formen nahm der Plan an, als zahlreiche Schäden, die während der französischen Besatzungszeit und der Unterbringung eines Lazaretts entstanden waren, eine umfassende Renovierung der Schloßräume notwendig machten. Kurfürst Wilhelm II. beauftragte den Oberhofbaumeister Johann Conrad Bromeis mit Kostenschätzungen für die Renovierungsarbeiten. Aus der Galerie im südlichen Verlängerungsflügel sollte ein Festsaal werden. In einem Kostenvoranschlag von 1827 beschrieb Bromeis die Pläne für den repräsentativen Saal: "Nach der allerhöchsten Bestimmung soll dieser Saal mit acht freistehenden korinthischen Säulen und 32 Lisenen vom Nassauischen röthlichen Marmor und der übrige Theil der Wände und Fenster-Spaletten mit ähnlichem Stuckmarmor bekleidet werden" (zit. nach Hoffmann 2001, S. 29).
Die vorliegende Zeichnung, die durch eine Graphit-Beschriftung auf dem Blatt als die "Allerhöchst genehmigte Probe für den großen Stuksaal" ausgewiesen ist, fertigte der Hofbaumeister Franz Georg Philipp Schulz am 27. März 1829 an. Dargestellt ist ein Teilabschnitt der durch Pilaster gegliederten Ostwand des Stucksaals. Der elfachsige Saal war sowohl vom Garten als auch vom Hof aus durch eine Tür in der Mittelachse zugänglich, die in der Zeichnung am rechten Darstellungsrand angeschnitten ist. Die Türöffnung flankieren zwei Fensterachsen, gefolgt von einer eingefaßten, hier in die Blattmitte gerückten Rundbogennische. Sie bildet den architektonischen Rahmen für die Figur einer Diana auf einem hohen zylinderförmigen Sockel. Zwischen den beiden links anschließenden Fenstern wird der Raum durch eine vierteilige Säulenkolonnade unterteilt, die die äußeren Fensterachsen vom übrigen Raum separiert. Die Dreiviertelsäule und der angeschnittene Deckenunterzug in der linken Blatthälfte gehören zu dieser Säulenstellung. Rot marmorierte Wandflächen werden durch korinthische Pilaster mit kannelierten Schäften gegliedert, denen ein Gebälk mit breitem Fries aufsitzt. Ein mehrteiliges Kranzgesims bildet den oberen Abschluß. Die zweiflügeligen Fenster mit Oberlicht bekleiden blaue, mit Knotenfransen gesäumte Draperien, die im Stil des Spätempire um eine Messingstange mit Lorbeerkranz geschlungen sind. Darunter befindet sich ein Stoffgehänge in musselinartiger Struktur, das das Oberlicht fast vollständig bedeckt und zumindest in diesem Bereich den Lichteinfall dämpfen sollte.
Statt der vorliegenden Probe kam ein anderer Entwurf zur Ausführung, der ebenfalls erhalten ist. Diese von Lichtenberg anfertigte Zeichnung mit dem Approbationsvermerk von Wilhelm II. datierte Hoffmann um 1824/45 (Hoffmann 2001, S. 86). Dies ist jedoch angesichts der Datierung der Probezeichnung zu überdenken. Aus Kostenersparnis wurde der Plan einer reichen rötlichen Marmorverkleidung nicht weiterverfolgt, statt dessen wurden Holzelemente mit weißem Stuck überzogen. Den oberen Abschluß bildet ein breiter umlaufender Fries, der Malereien im spätklassizistischen Stil zeigt. Das vorherrschende Weiß gab dem Raum den Namen "Weißer Saal". Aus der Renovierungsphase der 1820er Jahre ist er als einziger mit dem damals umgesetzten Raumkonzept erhalten geblieben.
Stand: Mai 2005 [MH]


Literatur:
unpubliziert


Letzte Aktualisierung: 05.09.2022



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