8.14.1.1 - Pompeji, Grundriß der Ausgrabungen (Kopie)



8.14.1.1 - Pompeji, Grundriß der Ausgrabungen (Kopie)


Inventar Nr.: L GS 12530
Bezeichnung: Pompeji, Grundriß der Ausgrabungen (Kopie)
Künstler: Julius Eugen Ruhl (1796 - 1871), Zeichner/-in, fraglich
Datierung: 1817 (nach)
Geogr. Bezug: Pompeji
Technik: Feder in Schwarz
Träger: Transparentpapier
Wasserzeichen: -
Maße: 29,2 x 50 cm (Blattmaß)
Maßstab: drei bezifferte Maßstäbe mit Maßeinheit "Neapl. Palmi", "Engl. Fss", "Franz. Fss"
Beschriftungen: oben rechts: "GRUNDRISS DER AUSGRABUNGEN VON POMPEJA / gegen das Ende des Jahres 1817.-" (Feder in Schwarz)
in der Darstellung: "A. Haus des Arius Diomedes, / B. Gräber Strasse. / C. Iupiter Tempel." etc. (Feder in Schwarz)


Katalogtext:
Der antiken Stadt Pompeji kommt durch die Art der Zerstörung als Folge eines Vulkanausbruchs am 24. August 79 n. Chr. eine besondere geschichtliche Bedeutung zu. Das Leben einer größeren römischen Handelsstadt wurde auf diese Weise praktisch eingefroren und wichtige Dokumente aus unterschiedlichen Lebensbereichen blieben weitgehend erhalten.
Noch in der Antike kam es zu Raubgrabungen. Ab 1748 wurden systematische Grabungen vorgenommen, die zunächst auf die Bergung von Schaustücken und Wandmalereien abzielten. Der Besuch der offen liegenden Ruinen war seit 1763 möglich. Unter der Herrschaft der Franzosen (1806-1815) konnten große Fortschritte bei der Freilegung der Stadt gemacht werden. So wurde die Stadtmauer erkundet sowie die von Norden kommende Hauptstraße und Teile des Forums ergraben.
Die Entdeckung und Freilegung der antiken Städte Herkulaneum, Pompeji und Stabiae inspirierte die Künstler der zweiten Hälfte des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts und war mitentscheidend für die Entwicklung der neoklassizistischen Kunstströmung. Besonders die bisher kaum bekannte antike Malerei und die verschiedenartigen Gegenstände des Kunsthandwerks stellten eine große Inspirationsquelle für die bildende Kunst der Zeit dar (Grimal 1973).
Auf dem vorliegenden Transparentpapier wurden mit schwarzer Feder die um das Jahr 1817 bekannten Fundamentzüge der antiken Stadt Pompeji verzeichnet. Wichtige Gebäude sind mit einem Buchstaben markiert, die dazugehörige Legende befindet sich im rechten oberen Teil der Darstellung. Der ursprüngliche Siedlungskern liegt im Bereich des zentralen Forums (F) und des Apollo-Tempels (D) als erstem Stadtheiligtum. Auf dem Plan ist der Tempel mit dem südwestlich gelegenen Venus-Tempel verwechselt worden. Erst im Zuge des wirtschaftlichen Aufschwungs der Stadt wurde der Altstadtbereich durch ein weitgehend rechtwinklig angelegtes Straßennetz im Norden und Osten erweitert. In dieser Zeit entstand an der nordwestlichen Seite des Forums der Jupiter-Tempel (C) und südwestlich die Handelsbörse (Basilika, E). An der nord-südlichen Verkehrsstraße vom Vesuvstadttor zum Tor nach Stabiae bildete sich um das archaische Heiligtum (H) - auf dem Plan fälschlicherweise als Herkules-Tempel bezeichnet - ein weiteres Zentrum mit öffentlichen Gebäuden und Platzanlagen, zu denen das Forum Triangolare (N), das Gymnasium mit Portikus (G) sowie das große Theater (M) zählen. Erst im Verlauf der römischen Epoche wurden das im Ostwinkel der Stadtmauer gelegene Amphitheater (O) und das kleine, überdeckte Odeon (M) errichtet. Die Nordseite des Platzes setzt sich aus den Gebäuden der Palaestra (I), des Isis-Tempels (K) und des Tempels für Zeus Meilichios (L, fälschlich als Tempel des Esculapius bezeichnet) zusammen. Als einziges Privathaus ist die an der Gräberstraße nach Herculaneum gelegene Villa des Diomedes (A) im Plan verzeichnet (Rakob 1973; vgl. Kockel 1986).
Das vorliegende Blatt dokumentiert den zu Beginn des 19. Jahrhunderts bekannten Baubestand, wobei der Papiertyp und das Fehlen einer Graphit-Vorzeichnung auf eine Kopie schließen lassen. Ab 1815 entstanden neue, kartographisch recht genaue Pläne, die der Ingenieur Giosué Russo (1781-1840) angefertigt hatte (Giosuè Russo, Pianta degli Scavi di Pompei, Paris, Bibliothèque nationale de France, Cartes et plans; ein weiteres Exemplar befindet sich in der British Library in London; frdl. Hinweis von Valentin Kockel, Augsburg; nähere Hinweise zu Russo in Kockel 2005). Sie wurden im folgenden immer wieder überarbeitet, aktualisiert und in verschiedenen Formen publiziert. Nach Auskunft von Valentin Kockel geht der vorliegende Plan vermutlich auf eine französische Ausgabe (Anonym nach Russo, Plan des fouilles de Pompea vers la fin de l'an, 1817, Lith de Séguin ainé à Avignon, Paris, Bibliothèque nationale de France, Cartes et plans) zurück, die in der Art der Darstellung und im Typus weitgehend mit der vorliegenden Zeichnung übereinstimmt. Hier finden sich auch die drei verschiedenen Maßstäbe in neapolitanischen Palmi sowie englischen und französischen Fuß. Der Plan ist 1818 im "Kunstblatt" publiziert worden und kann nach Einschätzung von Valentin Kockel als vermutlich verbreitetster Plan von Pompeji in Deutschland gelten. Als Autor der Zeichnung läßt sich Julius Eugen Ruhl vermuten, der sich zwischen 1817 und 1820 in Italien aufhielt. Er könnte den Plan als Nachbereitung seiner Reise kopiert haben.
Stand: September 2004, überarbeitet August 2007 [MH]


Literatur:
unpubliziert


Letzte Aktualisierung: 08.09.2017



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