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4.25.1.2 - Güls, St. Servatius nach J. C. von Lassaulx, Grundriß



4.25.1.2 - Güls, St. Servatius nach J. C. von Lassaulx, Grundriß


Inventar Nr.: L GS 13863
Bezeichnung: Güls, St. Servatius nach J. C. von Lassaulx, Grundriß
Künstler: Julius Eugen Ruhl (1796 - 1871), Zeichner/-in
Datierung: 1838 (vor)
Geogr. Bezug: Güls
Technik: Graphit, Feder in Schwarz
Träger: Transparentpapier auf Papier
Wasserzeichen: "A R"
Maße: 43,8 x 19,2 cm (Blattmaß)
38,2 x 16,3 cm (Darstellungsmaß)
Maßstab: -
Beschriftungen:


Katalogtext:
Der abschließende Entwurf zum Neubau der katholischen Pfarrkirche in Güls sah einen dreischiffigen Hallenraum mit rundem Chorschluß und Umgang vor, dem im Osten eine Zweiturmfassade vorgesetzt ist. Der von Lassaulx konzipierte Entwurf eines langgestreckten kompakten Baues ohne Anbauten wurde durch eine später angebaute niedrige Sakristei verfälscht. Lassaulx selbst hatte keine befriedigende Lösung gefunden und die Sakristei im Erdgeschoß des Nordturms untergebracht. Die Einbindung eines Sakristeiraums bei der Grundrißgestaltung bedeutete für Lassaulx ein immer wieder auftretendes Problem. Da sein oberstes Ziel in der Entwicklung von Baukörpern aus stereometischen Formen bestand, mußte der Anbau einer Sakristei als ein formal überflüssiger "Appendix" erscheinen (Schwieger 1968, S. 181).
Der Kirchenraum aus breitem Mittelschiff und schmalen Seitenschiffen im Verhältnis 1:3 ist komplett gewölbt, wobei sich das Mittelschiff durch die anspruchsvollere, jochübergreifende Netzstruktur von der jochtrennenden Kreuzgratgestaltung der Seitenschiffe abhebt. Lassaulx konstruierte das Gewölbe in der von ihm mehrfach beschriebenen komplizierten Weise aus Kugelkappen. Da die Mittelpunkte der unterschiedlich großen Kugeln nicht auf dem gleichen Niveau liegen, erscheinen die Gewölbeabschnitte in der Grundrißdarstellung als geschweifte Grate (Schwieger 1968, S. 25). Die Stützen gestaltete Lassaulx als schlanke Rundpfeiler ohne Kapitellzone, denen die Ansätze der Gewölbekappen direkt auflagern (s. L GS 13864). So entsteht die für die Kirchenbauten Lassaulx' charakteristische Raumwirkung mit dem "weichen, schwebend eingehängten Raumdeckel" (Schwieger 1968, S. 180). Die Wandvorlagen an den Seitenschiffwänden reflektieren dabei die Lisenengliederung am Außenbau. Diese innere Strebepfeilergliederung, die auf das gotische Wandpfeilersystem zurückgeht, ist neben der Gewölbekonstruktion ein weiteres Charakteristikum der Kirchenentwürfe von Lassaulx. Die Seitenschiffe werden als Umgang um den Chor herum geführt, der in visueller Betonung des liturgischen Zentrums über dem Langhausniveau liegt. Altar und Kanzel sind in traditioneller Verortung zwischen den inneren Pfeilern des Chorhaupts bzw. am ersten Langhauspfeiler mit einem darum geführten Aufgang plaziert.
Das mittelschiffbreite Eingangsjoch wird von den Fassadentürmen gerahmt, wobei linksseitig eine spindelförmige Treppe zu den oberen Geschossen des Turmes führt. Im Erdgeschoß des Nordturms war ursprünglich die Sakristei untergebracht (Schwieger 1968, S. 25). Die Rundbogennische entstand erst im Rahmen der Bauausführung, sie fehlt in der von Lassaulx im Jahr 1833 herausgebenden Lithographie. Dagegen ist der Raum mit der anspruchsvollen Sternwölbung, der, wie der Längsschnitt deutlich macht, nicht dem Eingangsbereich zugeordnet werden kann, sondern den darüberliegenden als Orgelempore zu nutzenden Raum betrifft, auch in der Grundrißdarstellung der Lithographie zu finden.
Lassaulx orientierte sich bei seinem Entwurf an den Hallenkirchen der spätmittelalterlichen Gotik, bei denen Langhaus und Chor als gleich hohe Bauteile zu einer in alle Richtungen fließenden Raumfolge werden. [MH]


Literatur:
Lohr 1984, S. 101f., Obj.Nr. 15, Abb. 32


Letzte Aktualisierung: 08.09.2017



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