|<<   <<<<   13 / 20   >>>>   >>|

3.33.4.10 - Fritzlar, ehem. Stiftskirche St. Peter, Entwurf zur Umgestaltung von Pfarraltar und Aufgang zum Chor, Ansicht



3.33.4.10 - Fritzlar, ehem. Stiftskirche St. Peter, Entwurf zur Umgestaltung von Pfarraltar und Aufgang zum Chor, Ansicht


Inventar Nr.: L GS 18227
Bezeichnung: Fritzlar, ehem. Stiftskirche St. Peter, Entwurf zur Umgestaltung von Pfarraltar und Aufgang zum Chor, Ansicht
Künstler: Hugo Schneider (1841 - 1925)
Datierung: 1882
Geogr. Bezug: Fritzlar
Technik: Feder in Schwarz
Träger: Papier
Wasserzeichen: -
Maße: 62,7 x 93,8 cm (Blattmaß)
Maßstab: bezifferter Maßstab mit Maßeinheit "m"
Beschriftungen: oben rechts: "- Blatt: 5 -" (Graphit)
unten rechts: "Hugo Schneid / Cassel 1 / Zum Kostenanschlag im / vom April 1882" (Feder in Schwarz und Graphit)


Katalogtext:
Die lavierte, an den Rändern beschnittene Federzeichnung zeigt ein Kernstück der von Schneider geplanten Neuausstattung der Stiftskirche in Fritzlar, den neuen Pfarraltar in der Mittelachse der Kirche vor den Stufen zum hohen Chor. Auf eine Lösung an dieser Stelle legte die Gemeinde größten Wert.
Der Pfarraltar sollte in seinen unteren Teilen aus Stein errichtet werden. Neoromanische, grob kannelierte Pilaster mit Blattkapitellen betonen die vorderen Ecken des Altarblocks und tragen die Mensa, die Stipes, deren Vorderseite ein Vierpaß mit Darstellung des Schweißtuchs ziert und die ebenfalls ein Blattfries nach oben abschließt, ragt in der Mittelachse etwas vor und bestimmt zusammen mit Tabernakel und Expositionsnische die Senkrechte des Altars. Der Altarblock selbst sollte mit gemaltem (?) Rankenwerk verziert werden. Der auf der Mensa aufsitzende Oberbau sollte aus Holz mit reicher Polychromie und Vergoldung gefertigt werden und auch figürlichen Schmuck erhalten. Er nimmt auf das vorhandene Fußbodenniveau des hohen Chors Rücksicht, indem der Pfarraltar so projektiert ist, daß nur die Expositionsnische und seine obere schlanke Spitze über den Fußboden des Chores hinausragen. Die seitlichen Bereiche des Retabels sind als niedrige Leuchterbank ausgestaltet: Über einem schmalen, doch reich ornamentierten Sockel, dessen Deckgesims um den Tabernakel herum verkröpft ist, sah Schneider Reliefs mit vier sitzenden Evangelisten und ihren Symbolen unter spätromanischen Dreipaßarkaden vor, jeweils zwei Evangelisten auf jeder Seite des Tabernakels. Ein durchbrochener Maßwerkkamm sollte diesen Teil des Retabels nach oben abschließen.
In der Mittelachse des Altars plante Schneider eine Expositionsnische mit aufwendig gestaltetem Baldachin in der Breite von Stipes und Tabernakel, die mit einem zweiflügeligen Türchen hätte verschlossen werden sollen. Die Türen werden zu beiden Seiten von vorgelegten Säulchen gerahmt, ein Dreipaßbogen schließt die Öffnung nach oben ab und trägt den Baldachinaufbau. Zwischen zwei schmalen Arkaden, die ebenfalls figürliche Darstellungen überfangen sollten, wäre in einer überbreiten mittleren Arkade unter einem Dreipaßbogen eine Verkündigungsszene zu sehen gewesen. Die Giebel über den Arkadennischen hätten reich beschnitzte Kämme getragen und den Ansatz einiger einen zentralen Laternenaufbau umstehender Fialen verschleiert. Die zentrale Laterne ist in ihrer Gestalt deutlich vom Kuppelreliquiar des Victoria & Albert-Museums in London (Inv.Nr. 7650-1861; vgl. Kötzsche/Lambacher 2006) beeinflußt, das Schneider bei einer Studienreise nach England 1867 selbst in Augenschein hatte nehmen können. Die acht Seiten der Laterne hätten in Arkaden weitere ganzfigurige Darstellungen aufgenommen; ein hoher, krabbenbesetzter Fialschaft mit Pelikandarstellung auf der Spitze hätte den Altar bekrönt.
Die Anlage des Pfarraltars verknüpfte Schneider mit einer Änderung der Wegeführung in die Krypta, obwohl der Pfarraltar so projektiert ist, daß er den Abgang vollständig verdeckt. Da die alte Treppe zum hohen Chor dem neuen Abgang in die Krypta hätte weichen müssen, verlegte Schneider den Aufgang zum Chor auf beide Seiten des Kryptaeingangs, wo abknickende, durch die Einbindung in die Gesamtarchitektur geschwungen wirkende Treppen neu angelegt werden sollten: Dadurch und durch die gemeinsamen, zu den Treppen und zum Altar aufsteigenden beiden Stufen wäre auch eine Rahmung für den Pfarraltar entstanden, zumal Schneider die vier Treppenendigungen mit Eichenholzsäulen auszeichnen wollte, auf die vier Engel mit den Leidenswerkzeugen Christi aufgesetzt werden sollten. Inhaltlich sind sie daher dem Pfarraltar mit Tabernakel und Expositorium zuzuordnen, worauf auch die Schweißtuchdarstellung in der Stipes verweist.
Stand: September 2007 [LK]


Literatur:
unpubliziert


Letzte Aktualisierung: 08.09.2017



© Hessen Kassel Heritage 2024
Datenschutzhinweis | Impressum