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3.33.4.5 - Fritzlar, ehem. Stiftskirche St. Peter, Entwurf zur Umgestaltung, Aufriß und Schnitt



3.33.4.5 - Fritzlar, ehem. Stiftskirche St. Peter, Entwurf zur Umgestaltung, Aufriß und Schnitt


Inventar Nr.: L GS 14997
Bezeichnung: Fritzlar, ehem. Stiftskirche St. Peter, Entwurf zur Umgestaltung, Aufriß und Schnitt
Künstler: Hugo Schneider (1841 - 1925)
Datierung: 1882
Geogr. Bezug: Fritzlar
Technik: Graphit, Feder in Schwarz
Träger: Papier
Wasserzeichen: -
Maße: 62,9 x 92,1 cm (Blattmaß)
Maßstab: bezifferter Maßstab mit Maßeinheit "m."
Beschriftungen: oben links: "Bl. ["III." durchgestrichen] 10 / Restauration / der Stiftskirche zu Fritzlar." (Graphit)
oben rechts: "Blatt 10" (Graphit)
unten rechts: "Zum Kostenanschlag im April / 1882 / H Schneider" (Graphit)
in der Darstellung, Beischrift zu A: "Querschnitt nach cd. / Blick nach Osten." (Graphit)
in der Darstellung, Beischrift zu B: "Querschnitt nach ef. / Blick nach Westen." (Graphit)
in der Darstellung, Beischrift zu C: "Sakristei. Schnitt nach gh." (Graphit)
in der Darstellung, Beischrift zu D: "Seiten-Altäre u. Comunionbank" (Graphit)
in der Darstellung, Beischrift zu E: "Südl. Querschiff Ansicht der Sakristei" (Graphit)
in der Darstellung, Beischrift zu F: "Dach des südl. Seitenschiffs. / vergl. Querschnitt fig. E" (Graphit)


Katalogtext:
Das Blatt versammelt sechs Zeichnungen zu Schneiders Restaurierungsprojekt für die Kirche St. Peter zu Fritzlar, die mit Großbuchstaben durchgezählt sind. Dabei handelt es sich um
- einen Nord-Süd-Schnitt durch das Kirchenschiff mit Blick nach Osten, angelegt unmittelbar westlich der Altarstufe des Nebenaltars im südlichen äußeren Seitenschiff, bei dem auch die Westansicht der Bonifatiuskapelle, des Querhauses und des Vierungsturms gezeichnet sind (A),
- einen Nord-Süd-Schnitt durch das Kirchenschiff mit Blick nach Westen, bei dem auch mit großer Sorgfalt die Ostansicht der Westtürme gezeichnet ist (B),
- einen Nord-Süd-Schnitt durch den Sakristeianbau (C),
- eine Ansicht der projektierten Nebenaltäre im Kirchenschiff nebst vorgelagerter Kommunionbank (D),
- eine Ansicht des südlichen Querhauses, der Sakristeianbauten und des westlichen Chorjochs von Süden (E) sowie
- eine nur in Umrissen angelegte Darstellung der Dächer über dem äußeren südlichen Seitenschiff und der Fenster des Obergadens des Mittelschiffs von Süden (F).
Alle Zeichnungen zeigen das Bauwerk nach Durchführung der projektierten Maßnahmen.
In Schnitt und Ansicht A ist eine Reihe von Änderungen an der Innenausstattung der Fritzlarer Kirche erfaßt, die Schneider plante. Dazu gehören der Ziboriumsaltar im hohen Chor, der Pfarraltar vor dem stark veränderten Treppenaufgang zu diesem und der Nebenaltar im äußeren südlichen Seitenschiff, der zwar ein altes Steinretabel aufnehmen, aber gleichwohl einen Barockaltar ersetzen sollte. Die Triumphkreuzgruppe im Mittelschiff hätte drei romanische Figuren aufgenommen, die noch heute zu den wichtigsten Stücken im Schatz der Peterskirche zählen. Sehr schön lassen sich die optischen Auswirkungen der geplanten Umbauten am Dachreiter über der Vierung ablesen. Zwar wollte Schneider die Konstruktion im ganzen erhalten, da der Dachstuhl sich als noch gut erhalten präsentierte und die knappen Finanzmittel eine weitergehende Veränderung nicht bezahlbar erscheinen ließen, doch beabsichtigte er, den vorhandenen Aufbau stilgerecht zu verändern. Der Dachreiter sollte bis auf den in der Höhe des Vierungsdachstuhls liegenden achteckigen Kranz abgebrochen, auf diesem dann ein neuer Aufbau aufgesetzt werden, der zwar dem alten in seinen Formen nahe gekommen wäre, aber eine schlankere Spitze und eine Reihe von Dachluken zur Belebung der Silhouette erhalten hätte.
Schnitt B integriert unverändert die von Schneider schon 1880 projektierten, bis 1882 aber noch nicht in Angriff genommenen Veränderungen an Orgel und Orgelbühne in das neue Gesamtkonzept. Die Barockorgel sollte vollständig abgebrochen und dadurch die romanische Säulenstellung im Westwerk sowie die leicht spitzbogige Öffnung darüber wieder sichtbar gemacht, die barocke Orgelbühne weiter zurückgenommen und mit einer neuen Brüstung versehen werden. Auf der Empore des Westwerks sollte dann hinter einem durchbrochenen Wandschirm, wie er in der Zeichnung zu sehen ist, ein neues Orgelwerk aufgestellt werden. Darüber hinaus ist die neue Kanzel an der Nordseite des Kirchenschiffs dargestellt; Schneider beabsichtigte nämlich, die an gleicher Stelle angebrachte frühbarocke Kanzel durch einen stilgerechten Neubau zu ersetzen.
Schnitt C erfaßt einen Teil der für die Sakristeien in Erwägung gezogenen Veränderungen. Er zeigt die Türen in der Ostwand, die den oberen und unteren Sakristeiraum mit dem neu zu errichtenden Treppentürmchen verbinden sollten. Ferner schneidet die Darstellung die in romanischem Stil abgeänderten Fenster beider Räume und den Treppenabgang von der oberen Sakristei zum hohen Chor, den Schneider ebenfalls geringfügig abzuändern beabsichtigte, da ihm die Stufen zu steil erschienen.
Ansicht D stellt die detaillierteste Zeichnung der für das Kirchenschiff vorgesehenen Nebenaltäre und die einzige Abbildung der neuen Kommunionbank im Nachlaß Schneider dar. Die Altäre hätten demnach vor den Bündelpfeilern aufgestellt werden sollen. Sie bestehen aus einem einfachen Altarblock mit profiliertem Sockel und profilierter Mensa, der auf der Westseite eine Zierform erhalten sollte; ferner einer niedrigen Leuchterbank, auf der auch eine lebensgroße Heiligenfigur (Maria bzw. Josef?) ihren Platz gefunden hätte. Ein schmaler Baldachin, der in den Bündelpfeiler eingelassen werden sollte, sollte die Figur überfangen.
Ansicht E erfaßt eine Reihe von Änderungen, die Schneider für die Sakristeianbauten vorsah. Da er die vorhandenen Anbauten in ihrer Statik gefährdet sah, wollte er den unteren Sakristeiraum mit Ankern sichern, den oberen gemäß den ursprünglichen Raumvolumina neu errichten und zugleich die Fenster in romanischen Formen neu gestalten. Im Untergeschoß wäre so ein Biforienfenster, im Obergeschoß eine Abfolge dreier gleich großer Rundbogenfenster, die durch vorgelegte Säulchen voneinander getrennt werden sollten, entstanden. Auch das Fenster des Vorraums zur unteren Sakristei unter dem Elisabethchor des Querhauses sollte zu einem romanischen Rundbogenfenster umgestaltet werden. Ein im Zwickel zwischen Chor und Sakristeien errichtetes Treppentürmchen mit schmalen Rundbogenfenstern sollte beide Sakristeigeschosse miteinander verbinden, um den beschwerlichen Umweg über den Kirchenraum überflüssig zu machen.
Die Funktion von Ansicht F ist insofern unklar, als Schneider in seinem "Erläuterungsbericht zu den Projekten für die Restauration des Domes zu Fritzlar sowie den inneren Ausbau daselbst" vom April 1882 keine Maßnahmen an dieser Stelle anführt. Wahrscheinlich beabsichtigte Schneider, die Dächer des äußeren südlichen Seitenschiffs zu verändern, um die Ansicht der Kirche vom Kreuzgang aus attraktiver zu machen und die Fenster des südlichen Obergadens analog zu den Fenstern des nördlichen weiter zu öffnen, was das über beide Seitenschiffe abfallende Pultdach nicht gestattet hätte. Die Maßnahme, die auch in Schnitt A angedeutet ist, erzeugt jedoch eine Reihe bautechnischer Probleme hinsichtlich der Ableitung des Regenwassers.
Stand: September 2007 [LK]


Literatur:
Humbach 2005, S. 111, Abb. 175


Letzte Aktualisierung: 08.09.2017



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