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11.8.5.3 - Wettbewerbsentwurf für einen Kirchenbau, perspektivische Ansicht



11.8.5.3 - Wettbewerbsentwurf für einen Kirchenbau, perspektivische Ansicht


Inventar Nr.: L GS 15609
Bezeichnung: Wettbewerbsentwurf für einen Kirchenbau, perspektivische Ansicht
Künstler: Hugo Schneider (1841 - 1925), Zeichner/-in
Datierung: 1903
Geogr. Bezug:
Technik: Graphit, Feder in Schwarz
Träger: Papier auf Karton
Wasserzeichen: -
Maße: 42,3 x 36 cm (Blattmaß)
Karton 55,5 x 46 cm (Blattmaß)
Maßstab: -
Beschriftungen: oben links: "A / 1903 / D." (Feder in Schwarz)
oben rechts: "BL. V." (Feder in Schwarz)
unten mittig: "SCHAUBILD VOM STANDPUNKT A / DES LAGEPLANES AUS GESEHEN." (Feder in Schwarz)


Katalogtext:
Die perspektivische Ansicht zeigt einen neogotischen Kirchenbau, freistehend auf einem Platz mit städtischer Blockrandbebauung, mit Blick auf den Chor. Die Fassadengliederung läßt erkennen, daß im Inneren Emporen angelegt sind; es dürfte sich daher um eine protestantische Kirche handeln. Angesichts des Mottos "A 1903 D" in der oberen linken Ecke gibt sich das Blatt als Wettbewerbsentwurf zu erkennen, dem noch zwei weitere Blätter im Nachlaß Schneider zugeordnet werden können (vgl. L GS 15627 - L GS 15628). Erhalten sind aber nur die Blätter III-V. Es fehlen in jedem Fall ein Grundriß und ein Längsschnitt, auch ein Querschnitt mit Blick in den Chor wäre zu postulieren. Die Existenz eines Lageplans ist gesichert durch die Bemerkung unterhalb dieser perspektivischen Ansicht ("Schaubild vom Standpunkt A / des Lageplanes aus gesehen"), doch liegt auch er nicht mehr vor.
Dem Betrachter am nächsten findet sich der Turm der Kirche, angelegt im Zwickel zwischen Chor und Querhaus und mitsamt einem chorseitig angebauten Treppentürmchen so breit wie der Querhausarm. Die wenig durchfensterten Mauern des Turmes werden durch Kaffgesimse in vier Geschosse gegliedert. Das unterste läuft auf Höhe der Sohlbänke der Chorfenster um den ganzen Bau herum, das zweite auf Höhe der Traufe, das dritte, das den Anfang des Glockengeschosses markiert, umschließt den Turm auf Höhe des Firstes des Kirchendachs. In die Mauern der unteren drei Geschosse sind auf den freistehenden Turmseiten kleine Rundbogenfenster angelegt, im Glockengeschoß ein doppeltes Rundbogenfenster als Schallarkade. Eine leicht auskragende Galerie bildet den oberen Abschluß des Turmstumpfs und trägt ein zurückspringendes Sockelgeschoß mit Uhrengiebeln, das von vier pavillonartig geöffneten Nebentürmchen mit Kegeldächern begleitet wird und einen achtseitigen Turmhelm trägt.
Der Chor mit polygonalem Chorschluß weist über dem hohen Sockelgeschoß große, zweibahnige Fenster mit einem Maßwerktondo im oberen Abschluß auf, mehrfach abgetreppte Strebepfeiler sind den Ecken vorgelegt, ein Rundbogenfries vermittelt zum Traufgesims, über dem das hohe, von einer Gaubenreihe durchbrochene Dach anschließt, dessen Firstende über dem Chor durch ein schmiedeeisernes Kreuz betont ist. Eine eingeschossige Sakristei mit Walmdach ist im Zwickel zwischen dem Chor und dem zweiten Querhausarm angebaut.
Die Querhausfassaden zeigen eine Aufteilung, die den für die Auferstehungskirche in Kassel gewählten Formen sehr ähnelt. Im Sockelgeschoß sind drei Fenster und ein asymmetrisch angeordneter Nebeneingang angelegt, darüber im Hauptgeschoß eine Gruppe von drei Maßwerkfenstern, deren untere Felder wegen der dahinter angelegten Empore vermauert sind. Im Giebelfeld, das durch ein Gesimsband ausgesondert ist, sind zwei Spitzbogennischen zwischen drei Dreipässen ausgespart. Die Seitenfassaden des Hauptschiffs wiederum weisen im Sockel zwei kleine Fenster auf, über denen zweibahnige Maßwerkfenster angeordnet sind, die denen des Chores entsprechen und die im unteren Feld aber ebenfalls vermauert sind.
Von der Eingangsfassade läßt dieses Blatt nur wenig erkennen; sie wird von einem steinernen Kreuz bekrönt, und ihr sind weitere niedrige Anbauten vorgelagert, bei denen es sich um einen kleinen Paradiesvorhof handelt.
Der Kontext des Kirchenentwurfs ist den Plänen selbst nicht zu entnehmen. Das Motto deutet auf ein Entstehen der Pläne im Jahre 1903 hin. Auffällig ist, daß die Blätter hinsichtlich der Materialverwendung wie hinsichtlich ihrer Gestaltung identisch sind bzw. große Parallelen aufweisen zu Schneiders Wettbewerbsentwurf zur Auferstehungskirche in Kassel (vgl. L GS 15629 - L GS 15631). Der formale und zeitliche Zusammenhang läßt es allerdings auch nicht unwahrscheinlich scheinen, daß "A 1903 D" ein Beitrag Schneiders zum Wettbewerb für den Neubau der Kreuzkirche an der Luisenstraße war.
Die Auferstehungskirche und die Kreuzkirche waren etwa zur gleichen Zeit in Planung und wurden im Abstand von nur vier Tagen ihrer Bestimmung übergeben - die Kreuzkirche am 7. November, die Auferstehungskirche am 11. November 1906. Die vorgesehene Lage als freistehender Bau auf einem weiten Platz mit Blockrandbebauung trifft auf die Lage der Kreuzkirche durchaus zu.
Es war jedoch nicht Schneider, der den Auftrag zum Bau der Kreuzkirche (Luisenstraße) erhielt, sondern die Architekten A. Karst und H. Fanghänel. Sie entwarfen einen kreuzförmigen Zentralbau mit vier Winkeltürmen in Jugendstilformen, der, obwohl 1943 stark beschädigt und 1958 in neuzeitlichen Formen wiederaufgebaut, noch heute in seiner ursprünglichen Anlage erkennbar ist.
Stand: September 2007 [LK]


Literatur:
unpubliziert


Letzte Aktualisierung: 08.09.2017



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